Sauvignon Blanc 2010 OPOK
Knackig, weich und sehr pikant.
Ein Wein mit zwei Charakteren. Am ersten Tag übermütig, grün-pikant und lustig, am zweiten weich und rund und in sich ruhend.
Winzer/Weingut: Weingut Tauss, Leutschach/Steiermark, Österreich.
Lage/Herkunft: Von kalkhaltigen und sandigen Lehmen – dem Opok (Kalkmergel).
Flasche/Etikett: Entgegen dem bisher konsequent durchgezogenen Design der Etiketten klebt auf dieser Flasche ein gänzlich weisses, das in seiner Art ‘moderner’, frischer, kühler und eleganter als die anderen wirkt. Oben das Logo, statt im roten Kasten mit dem gelben Punkt, frei schwebend und in braun, hochgeprägt um es auch fühlen zu können. Darunter wieder die bekannte Landschaft, etwas modifiziert und im Stil einer Bleistiftskizze aufgedruckt. Sauvignon Blanc Opok in Kapitalen unterhalb. Ein durchaus reduziertes, vornehm erscheinendes Etikett. Am hinteren Stück Papier gibt es wie üblich ein paar generelle Informationen über den Wein sowie den Hinweis auf die demeter-Zertifizierung und das Steirerland. Damit sich der Tropfen, der im Grunde noch ein ‘junger Hüpfer’ ist, ein wenig auf seinen Auftritt vorbereiten kann, kommt er in die Karaffe und darf dort für zwei Stunden Atemübungen machen.
Im Glas: Aus dem grossen Kelch leuchtet es strahlend und tief Gelbgold heraus. Glasklar steht der Wein im Becher.
In der Nase: Was die Nasenflügel hochströmt riecht nach allem, nur nicht nach Sauvignon Blanc. Da ist nichts von den typisch grünpikanten Aromen, Kräutern und sonstigen Mitspielern. Es riecht nach Apfel und Tee, nach Heu und, sö blöd sich das auch anhören mag, ein wenig nach Seife! Krass, ich weiss, aber irgendwie wirkt der Duft wie auf einer Seifenwolke schwebend. Sogar Nussaromen treiben ihr Unswesen in diesem merkwürdigen und aussergewöhnlich ungewöhnlichen Bukett. So als würde man zwischen Chardonnay und Sauvignon Blanc sitzen und von beiden Seiten angeblasen werden. Am Ende tropft einem dann wieder der weiche reife Apfel entgegen und bettelt regelrecht um ein wenig mehr Aufmerksamkeit.
Im Mund: Wie nicht anders erwartet nimmt man auch beim Sauvignon Opok im Mund einen vollkommen anderen Wein wahr als man es in der Nase getan hat. Was man sofort spürt ist seine ausgeprägte Mineralik mit der er sich auf der Zunge ausbreitet. Als würde er den Teppich für das bevorstehende Picknick auf ihr ausrollen. Furztrocken ist er, der Wein, mit einer recht lebhaften Säure kommt er daher und was Aromen angeht schmeckt man am ehesten junge, nicht ganz reife Marillen, ein paar planlos herum irrende grüne Kräuter die noch nicht so recht wissen wo sie hin sollen und so für ein lustig grünes Mundgefühl sorgen. Alles wirkt frisch, animierend, ‘sauersaftig’ und hinterlässt am Gaumen einen wunderbar feinkalkigen Film bevor es sich höchst pikant den Schlund ‘hinunterstürzt’. Zurück bleibt eine frech ‘zitrussäurefruchtig’ eingenebelte Zunge die sich fragt was da gerade los war. Schmeckt man dem Wein nach spürt man dieses kalkige Gefühl, fein wie Flugsand. Und man spürt wie sich erst jetzt eine ausgeprägte Kräutrigkeit bemerkbar macht. Man staunt wie der Wein wenn er bereits gar nicht mehr da ist auf der Zunge und am Gaumen nachwirkt. Spannend, absolut spannend.
Ein paar Stunden später ist der Duft zwar leiser, dafür aber ausgeprägter und gleichzeitig harmonischer geworden. Es ist sogar irgendwie ‘gemüsiger’ geworden. Interessante Veränderung. Im Mund fühlt sich der Sauvignon jetzt viel kalkiger an, viel ‘wolkiger’. Die zuerst relativ forsch auftretende Säure hat sich fester mit der Mineralik verbunden, ist ruhiger geworden und sorgt dadurch auf der Zunge für ein weicheres, harmonischeres Mundgefühl. Erst im Abgang nimmt man sie wieder verstärkt wahr und merkt wie pikant der Wein tatsächlich ist. Was diesem Sauvignon abgeht ist die typisch feine herbe Opoknote die sonst über den Gaumen zieht und für einen ebenso feinst herben Nachhall sorgt. Hier dominiert eindeutig eine mit frischer Säure vereinte Kräutrigkeit. Auch die Apfelaromen sind intensiver geworden, weg von reif und weich hin zu frisch und knackig. Es scheint als würde sich der Wein in seiner Frucht zurück zum Ursprung entwickeln und was den Boden angeht, sich weiter in die Tiefen des Opoks hinein graben. Er verschiebt die ‘Frucht- und Bodenregler’ quasi in entgegengesetzter Richtung. Dabei ist er aber trotz zupackenderer Säure auch gleichzeitig weicher im Mundgefühl geworden. Auf der Zunge Biss und Saft und am Gaumen eine pikante Kräuternote die sich in feinem Nebel auflöst. Übrig bleibt nach wie vor ein langer, intensiver Nachhall der nicht so rasch verschwindet und einen noch lange der ‘Kernigkeit’ des Weines hinterher fühlen lässt.
2. Verkostungstag
Nach 24 Stunden hat sich der Duft im Glas fast ausschliesslich auf seine pure Mineralik zurückgezogen. Ein wenig Gelbe Zwetschgen sind dazugekommen. Vom Mundgefühl her hat sich die Säure etwas ‘beruhigt’ und wirkt jetzt weicher auf der Zunge. Generell fühlt sich der Wein runder an im Mund, harmonischer und auch geschmacklich ein wenig ausgeprägter. Sanft wie Kamillentee gleitet er über Zunge und Gaumen, macht auf verhalten mineralisch und lässt einen sogar gelbe Frucht erahnen. Auch die pikante Kräuternote ist leiser geworden, nicht verschwunden, aber eben um vieles weicher und besser integriert. Es wirkt alles milder, wenngleich der Sauvignon trotz allem nach wie vor von seiner frischen Säure lebt, welche sich einfach auf ein bekömmliches und wohltuendes Maß reduziert hat. Insgesamt ist der Wein am zweiten Tag erst so richtig ‘in Fahrt’ und treibt auf seiner eigenen leicht kalkigen Wolke in aller Seelenruhe dahin. Im Abgang spürt man jetzt noch mehr wie trocken der Wein eigentlich ist, wie fein und schön dieses Gefühl von Kalk sein kann und wie lange es noch nachwirkt. Der Sauvignon zeigt am zweiten Tag seinen zweiten Charakter.
Resümee: Zusammengefasst würde ich sagen, dass der Wein am besten ‘schmeckt’ wenn er zuvor einen Tag in der Karaffe verbracht hat. Dann ist er weich, rund, mild und äusserst harmonisch. Am ersten Tag geht noch etwas sein Temperament mit ihm durch, da will er alles was er kann auf einmal zeigen. Luft bringt ihn ‘runter’ und lässt ihn vollkommen entspannt werden. So entspannt wie ich es bin nach dieser aufregenden und lehrreichen Weinreise, bei der ich unzählige neue Eindrücken gewonnen habe und welche hier und jetzt zu Ende geht. Ich möchte keinen dieser Weine missen, werde ganz sicher einige daraus in meinen privaten Bestand ‘transferieren’ und mich in Zukunft jedesmal wenn ich eine davon öffne, an diese aussergewöhlichen Weinerfahrungen erinnern. 5 Winzer, 20 Weine und jede Menge Spass. Ich bin dankbar, dass ich diese Verkostungsreihe durchführen durfte und werde das Thema ‘Naturweine’ und besonders jene dieser fünf Winzer sicher nicht mehr aus den Augen lassen.
Tipp: Erleben sie den Wein am ersten Tag in all seiner überbordenden Art und geniessen sie ihn am zweiten als wunderbar wohltuenden, in sich ruhenden Seelenbalsam. Ein Wein mit zwei Charakteren wenn sie ihm die Zeit geben diese zu zeigen.
Einen Bericht über den Sauvignon Blanc OPOK lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein Sauvignon Blanc OPOK 2010 vom Biologisch-dynamischen und Demeter-zertifizierten Weingut Tauss aus Leutschach in der Steiermark, Österreich. Das Weingut Tauss ist Mitglied der Wertegemeinschaft Schmecke das Leben.
Kategorie: Schmecke das Leben, Verkostet