Rueda ‘La Caprichosa’ 2010

| 26. Oktober 2013 ...alles

Die vinophile Venusfalle.

Ein Wein der Zunge wie Gaumen gleichermassen fordert, der verwirrt, der überrascht und am Ende sogar süchtig macht.

Winzer/Weingut: Palacio de Bornos, Rueda, Spanien.

Lage/Herkunft: Von den ältesten Rebstöcken (Gobelet-Buschreben) des Betriebes auf den tiefgründigen Kieselböden des Plateaus über Rueda.

Bornos La Caprichosa 2010 Flasche/Etikett: Ein farblich wie auch grafisch sehr ansprechendes Etikett klebt auf der dunklen Flasche. In diversen Grüntönen gehalten wechseln sich geometrische Formen rund um das weisse Zentrum ab. In diesem steht in ebenso ansprechender Typo BORNOS und darunter in geschwungener Schrift La Caprichosa. Rebsorte und Jahrgang sind ebenfalls im weissen Teil untergebracht. Insgesamt sieht das Etikett sehr schick und modern aus. Farblich eine Wohltat, grafisch ebenso und im Grunde so gar nicht ‘typisch’ spanisch, was einen extra Pluspunkt gibt. Passt perfekt für Weisswein, transportiert Frische und hat doch auch Dichte. Das turmhohe Rückenetikett ist vollgepackt mit Informationen und liest sich wie eine Gebrauchsanleitung. In spanisch erfährt man ausführlichst alles über die Herkunft, den Anbau und ganz detailiert über den Ausbau sowie einen kurzen sensorischen Überblick. Auf einem Extraetikett ist das Siegel der Denominaciòn de Origen und Verdejo aufgedruckt. Überhaupt nicht ‘eigenwillig’ und deshalb ohne Umweg kommt La Caprichosa in die Gläser.

Im Glas: Äusserst hell zeigt sich das Gelb im Glas, ist klar und schimmert ganz leicht grünlich zum Rand hin.

In der Nase: Der Duft unerwartet anders, gewöhnungsbedürftig, im ersten Eindruck verwirrend, eigenwillig. Gemüseküche mit Zitrusduft, grünwürzig, etwas grasig und überaus frisch. Kräuternoten stehen im Glas, aber auch weisses und gelbes Obst riecht man. Völlig konträr zu üblichen, gewohnten Duftbildern. Der Name La Caprichosa wird hier seiner Bedeutung mehr als gerecht. So eigenwillig wie das hier aus dem Glas dampft, ist Abenteuerlust und auch Offenheit gefordert. Erst nach ein paar Minuten gesellen sich mineralische Noten hinzu, es verdichtet sich und wird fülliger. Was bleibt ist diese grüne Kräutrigkeit und das ‘Gemüsige’. Ein Duft für Entdecker.

Im Mund: Ungemein vielschichtig kommt ‘die Eigenwillige’ dann auf die Zunge. Eine wahre Vielfalt von Geschmackseindrücken prasselt auf einen ein. So grün wie kräutrig zieht La Caprichosa über den Gaumen und legt sich auf der Zunge sofort mit durchaus saftigen Obstaromen nieder. Butterweich eingehüllt in einer äusserst dezenten Würze. Man fühlt wie trocken der Wein ist und ist gleichzeitig überrascht von seiner Fülle mit welcher er den Mundraum ausfüllt. Aromen von weissen Blüten treten deutlich in den Vordergrund, man schmeckt grünes Gemüse, es ist knackig einerseits und unglaublich mild andererseits. Man ist gefordert ob dieser Vielfalt die sich auf der Zunge offenbart und staunt über den frischen und lebhaften Zug der über sie strömt. Der Gaumen spürt eine kräuterwürzige Mineralik und im Abgang schmeckt La Caprichosa grün.

La Caprichosa ist anders, soviel steht fest. ‘Sie’ ist tatsächlich ‘eigenwillig’, ist ein Spiel der Gegensätze. Spürt man im ersten Moment eine kräutrige Note auf der Zunge, zieht über den Gaumen würzige Mineralik, fühlt sich alles trocken am Gaumen an, steht dem dichter Saft auf der Zunge gegenüber. Nicht fett, keineswegs, einfach dicht und durch die Milde fast cremig wirkend. Und doch erfrischt und belebt La Caprichosa mit einer reintönigen Ader die sich kerzengerade und mit einer ganz subtilen herben Note über die Zunge wälzt. Es ist das zweite Glas, das einem tieferen Einblick in die Seele dieses Tropfens gewährt. Das erste ist zur ‘Eingewöhnung’ an das Ungewöhnliche, das zweite offenbart einem die komplexe Aromatik und die in der Tat ‘eigenwillige’ Charakteristik von La Caprichosa. Es beginnt Spass zu machen.

Resümee: Wie kann trocken so lebhaft sein fragt man sich, wie kann knackiges Grün so eine zarte herbe Note mit sich schleppen? Machen die weissen Blütenaromen diese aus, oder doch der feine Kiesel den man ansatzweise schmeckt? La Caprichosa stellt permanent Fragen, agiert lebendig und klar im Mund und lässt Zunge wie Gaumen ihre multiple Persönlichkeit erleben. Man trinkt nicht ‘einen’ Wein, man hat es mit zwei, drei oder sogar mehreren im Mund zu tun. La Caprichosa ist neben der Spur und doch auf Schiene. Ein Wein der Zunge wie Gaumen gleichermassen fordert, der verwirrt, der überrascht und irgendwie sogar süchtig macht. Weil er so anders, so ‘eigenwillig’ ist. Und plötzlich macht es ‘zoom‘ und man ist gefangen. Typisch Frauen. Was wenig verwundert wenn man weiss, dass dieser Tropfen von Frauen gemacht wird. Die vinophile Venusfalle, sozusagen. Am Ende erkennt man Maracujanoten und fragt sich, warum man dieses ‘Weibsbild’ nicht schon früher kennengelernt hat. Wer gern Gemüse isst, der sollte sich eine Kiste in die Küche stellen. Denn für den Keller zahlt es sich nicht wirklich aus.

Tipp: Entkorken und bei 10-12º in die Gläser mit dem Tropfen. Spartanische Fischgerichte und Gemüseküche sind die Favoriten dieses Weines. Als Solist eine aussergewöhnliche Erfahrung mit dem Ungewöhnlichen.

Einen Bericht über den La Caprichosa lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Rueda ‘La Caprichosa’ 2010 von Palacio de Bornos, Rueda, Spanien. Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle zzur Verfügung gestellt.

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Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet

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