Macon-Cruzille ‘Les Genièvrières’ 2011
Totale Lebendigkeit.
Phantastischer, beeindruckender Chardonnay von einer ebenso phantastischen wie berühmten Lage. Grosses Kino.
Winzer/Weingut: Domaine Guillot-Broux, Cruzille-en-Mâconnais, Frankreich.
Lage/Herkunft: Von Macon Cruzille, einer Steillage die einmal zu den besten des Burgunds gehörte.
Flasche/Etikett: Das Etikett das auf der braunen Burgunderflasche klebt, ist an wunderbar altmodischer Opulenz fast nicht mehr zu überbieten. Auf alt getrimmt wirkt es aufgrund seines fleckigen gelbbraunen Untergrunds, auf dem in ebenso auf ‘älter’ getrimmten Typo die Domaine, die Lage und der Name (in grün) den grössten Teil davon beanspruchen. Umrankt von einem Rahmen mit feinen Ornamenten steht in der Mitte ganz oben ein Bild, auf dem eine Trinkrunde zu sehen ist. Es stellt den Bezug zur Lage her, welche früher zum Kloster von Cluny gehörte. Alles andere ist innerhalb des Rahmens eingedruckt und ausserhalb verzieren üppige Blumengirlanden das ansprechende Etikett. Auch die Halsmanschette ist mit goldenen Ornamenten und der Domaine bedruckt. Der Jahrgang ist auf einem kleinen gesonderten Etikett am Flaschenhals eingedruckt. Sehr stimmiges und nostalgisch anmutendes Design. Rückenetikett ist keines vorhanden, weil alles was man wissen mus schon vorne drauf steht. Bevor der Les Genièvrières in die Gläser kommt, darf er für eine halbe Stunde Frischluft schnuppern.
Im Glas: Ein kraftvolles, intensives Goldgelb leuchtet aus dem Glas heraus. Als würde ein Goldbarren darin liegen.
In der Nase: Relativ unauffällig sind die Aromen die man riecht. Ziemlich verhalten und fein lässt einen der Les Genièvrières mehr ahnen als erkennen. Nicht die typischen Teig- und Nussaromen stehen im Vordergrund, sondern eine äusserst leise Note von reifer Zitrone, etwas Quitte und erst ganz weit hinten wird es ein wenig teigig. Untergehoben in diesen Duft ist feinster Kalkstaub, sehr zurückhaltend, gerade angehaucht damit. Die Nase ist verwirrt, weil sie wahrnimmt, dass da ganz viel im Glas ist und sie nur so wenig davon abbekommt. Es ist ein leiser Duft, der mit Luft sicher noch einiges zulegen wird.
Im Mund: Kaum läuft der Les Genièvrières auf die Zunge, lässt er einen sofort eine rassige Säureader spüren. Das hätte so man nicht erwartet und ist überrascht, weil diese Säure in einem doch relativ cremigen Körper eingearbeitet ist. Es fühlt sich auf den ersten ‘Biss’ wie ein Softgummi mit süss-saurer Fruchtfülle an. Herrlich! Zitrusaromen spielen mit Kalkstaub. Erst sticht die Säureader neckisch zu und blitzartig löst sie sich in einem breiten, ausladenden Mundgefühl auf. Man kommt nicht umhin sich mit einem leicht debilen Grinsen permanent mit der Zunge über die Lippen zu lecken, weil der Les Genièvrières so salzig-säuerlich über die Zungenränder abfliesst. Um sich, sowie man dieses Gefühl wahrgenommen hat, in cremig-sahniger Textur wichtig zu machen. Übrig bleibt eine Zunge, auf der sich diese neckische Säureader fest eingeprägt hat und sich nach und nach langsam in einem weissen Nebel auflöst.
Hat der Les Genièvrières etwas mehr Luft aufgenommen, kommt immer mehr das Kalkige zum Vorschein. Der Boden dringt immer mehr durch, es wird trockener, die Rassigkeit wird leiser ohne deshalb zu verschwinden. Auf der Zunge schmeckt man jetzt mehr die kalkig-fruchtige Verbindung von etwas Grapefruit und etwas Staub. Der Wein fühlt sich nach einer Stunde an der Luft knochentrocken im Mund an, am Gaumen steht purer Boden, und im Abgang drängt sich diese frische, belebende Säureader noch einmal in den Vordergrund, um in einem langen, mineralischen Finale zu enden. Der Tropfen füllt den Mund, ist aber weit entfernt von jeglicher Opulenz. Er dringt in jede kleine Ritze vor und bleibt dabei frisch und lebendig, gleichzeitig mild und weich. Ein grandioses Mundgefühl vermittelt der Les Genièvrières. Und nach und nach kommen ganz fein und still weiche Teigaromen hinzu. Ganz weit hinten, fast nicht hörbar.
Resümee: Je mehr Luft der Tropfen aufnimmt umso beeindruckender wird er. Nicht ein Tick der frischen Säure ist verloren, sie hat sich nur vollkommen in den Körper dieses Weines eingebracht. Man hat das Gefühl einen breiten Wein zu trinken der trotz allem schlank ist. Hört sich blöd an? Möglich. Ist aber so. Der Wein macht Druck ohne zu powern, er hat Fülle ohne dick zu sein. Aktive wie präsente Säure macht ihn frisch, haucht ihm pulsierendes Leben ein. Sorgt für Musik in der Halle. Cremig weiche Textur macht ihn fast zum Faserschmeichler und die Kombination davon erzeugt ein Mundgefühl, das alles rundherum vergessen lässt. Ich weiss warum ich ‘guten’ Chardonnay so liebe. Der Les Genièvrières gehört ohne jeden Zweifel zu dieser Sorte. Er ist einer dieser Weine, mit denen ich mich gerne hinsetze und keinen Tropfen davon übrig lasse. Phantastischer Wein von einer ebenso phantastischen wie berühmten Lage, um läppische 19 Euro. Burgund zum Sozialtarif. Kauftipp!
Tipp: 30 Minuten wenn Sie ihn in seiner ‘Wandlung’ verfolgen wollen, 1-2 Stunden wenn Sie voll einsteigen möchten. 10-12º sind ideal. Fisch und weisses Fleisch schreien nach dem Tropfen. Als Solist ein aussergewöhnlicher Begleiter der einen jubeln lässt.
Einen Bericht über den Les Genièvrières lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein Macon Cruzille ‘Les Genièvrières’ 2011 von der Domaine Guillot-Broux im Maconnais, Frankreich. Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle zur Verfügung gestellt.
Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet