‘Louison & Leopoldine’ de Clos Louie 2012
Bordeaux so schön wie einfach
Erfrischend unkomplizierter wie auch äusserst animierender, zum Trinken verleitender Bordeaux für richtig kleines Geld.
Winzer/Weingut: Clos Louie, St. Emilion, Côtes de Castillon, Frankreich.
Lage/Herkunft: Von teilweise 140 Jahre alten Reben die auf kalkigen, hellen Lehmböden wachsen.
Flasche/Etikett: In verspielter Typo liest man gross Louison & Leopoldine im oberen Teil des vanillegelben Etiketts. Im unteren Teil in gedecktem orange CLOS LOUIE, das C als grosser offener Kreis dargestellt auf dem ein Junge ein Mädchen an der Hand führt. Louis und Leopoldine, süss. Wie überhaupt die gesamte grafische Erscheinung leicht und locker ist. Man denke nur an die typischen Château-bebilderten Etiketten der “grossen Häuser”. Das hier ist erfrischend und wirkt ausgesprochen jugendlich. Am Rückenetikett wird das Geheimnis um den Namen der Cuvée sowie über die beiden abgebildeten Kinder am Hauptetikett aufgelöst; beides sind die beiden Kinder von Sophie Douteau und Pascal Lucin. Schön. Erfreulich für alle die nicht französisch können ist der Umstand, dass man den Text auch in englisch aufdruckt, was ja nicht gerade üblich ist bei “Franzosen”. Damit sich der gute Tropfen an seine neue Umgebung gewöhnen kann, darf er sich selbige für eine Stunde aus dem Dekanter anschauen.
Im Glas: Dunkles granatrot leuchtet aus dem Glas heraus.
In der Nase: Ein sehr feiner Duft zieht die Nase hoch. Etwas braune Erde taucht zuerst auf, dann wird es durchaus fruchtbetont ohne konzentriert zu wirken. Es fühlt sich leicht und luftig an, man riecht Milchschokolade und rote reife Himbeeren, etwas Karamell. Dabei schwebt alles förmlich aus dem Glas und breitet sich fast schwerelos im Riechorgan aus. Es ist ein sympathischer Duft der nicht anstrengt, aber doch genug Statur hat, um zu gefallen.
Im Mund: Oh ja, das macht Spass! Kindlich ausgelassen tanzen Louison & Leopoldine augenblicklich unbeschwert auf der Zunge auf und ab. Es fühlt sich frisch an, fruchtig, nach nicht ganz reifen Kirschen und dank des dominierenden Cabernet Franc auch entsprechend würzig. Am Gaumen schmeckt man Veilchen, etwas grünen Pfeffer und jede Menge Erde. Man hat kein Gewicht im Mund, keinen vollen Körper oder dicken Saft, das hier ist geschmeidig, jugendlich und leicht. Mit unglaublich kecker Säure stürzt sich der Wein den Rachen runter und hinterlässt am Gaumen einen, positiv gemeinten, leicht säuerlichen Film. Der Tropfen zischt, der fliesst, der trinkt sich von alleine. Keine Gerbstoffe mit denen man sich erst ewig herumschlagen muss, Louison & Leopoldine ist augenblicklich da und dazu auch noch richtig frisch und süffig.
Zwei Stunden an der Luft und schon zeigen sich Louison & Leopoldine in einem völlig anderen Kleid. Kräuterwürzig, saftig, leicht kirschig und erdbetont steht der Wein jetzt auf der Zunge. Überraschend ist die höchst attraktive Säurespur die sich über die Zungenmitte zieht. Sie verleiht dem Wein so richtig Leben. Ebenso angenehm ist das Mundgefühl, welches leicht und elegant wirkt. Keine mundfüllende Keule die auf einen einschlägt, sondern ein fein gestrickter Wein der Luft zum Atmen lässt. Man kann spielen damit, ihn auf der Zunge rollen und auch kauen, immer bleibt er leicht dabei und zeigt trotzdem Saft und Kraft. Kein Bodybuilder sondern Leichtathlet, nicht muskulös, nur dezent geformt. Dazu süffig wie nur was und von einer Trinkigkeit die einen staunen lässt. Louison & Leopoldine machen Spass, weil sich die Kirschen mit der Säure gar so gut verstehen und traumhaft harmonieren.
Resümee: Was Louison & Leopoldine von vielen sogenannten “Kalibern” erfrischend unterscheidet ist nicht nur die Zugänglichkeit, es ist auch die Leichtfüssigkeit, diese “Schlankheit” die sich im Mund ausbreitet. Kein Gerbstoffgewitter, kein dickes Extrakt, kein Gewicht. Und doch anspruchsvoll genug um Eindruck zu schinden. Man schmeckt den Betontank, die Erde, fein gesiebt, und spürt die Beiden ebenso am Gaumen. Die Würze klar erkennbar aber nicht im Vordergrund. Auf der Zunge jung und lebendig, saftig wie auch fruchtig. Eingehüllt in eine Wolke Pfeffer und Veilchenduft. Louison & Leopoldine ist eine erfrischend unkomplizierte wie auch äusserst animierende, zum Trinken verleitende Cuvée. Süffig, saftig, säurefrisch. Im Abgang eher würzig, am Gaumen hinterher leicht herb. Im Nachhall mittellang und würzig. Bordeaux für Einsteiger? Warum nicht! Denn er ist nicht nur leistbar, er macht auch richtig Spass und muss nicht erst Jahre im Keller vor sich hindümpeln bevor er trinkbar ist. So gesehen, “ran an die Flasche”; Bordeaux kann so schön wie auch einfach sein.
Tipp: Geben Sie dem Wein eine Stunde im Dekanter. Macht immer weiter auf. 16-18º sind fein dafür. Zu den üblichen Verdächtigen wie Fleisch, Lamm und Hartkäse ein Volltreffer. Sogar als Solist ein Tropfen den man sich einfach auch mal so genehmigen kann.
Einen Bericht über den Louison & Leopoldine lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein ‘Louison & Leopoldine’ de Clos Louie 2012 von Clos Louie aus Côtes de Castillon, Frankreich. Bezugsquelle: K&U Weinhalle, Nürnberg.
Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet