Kiedrich Turmberg 2016 Erste Lage

| 12. Januar 2018 ...alles

Gefährlich flott und knackig

Ein gefährlich flotter Tropfen, der, so man nicht aufpasst, schneller verdunstet ist als man bis zehn gezählt hat.

Winzer/Weingut: Robert Weil, Kiedrich, Rheingau, Deutschland.

Lage/Herkunft: Von der Lage Turmberg mit Schieferböden.

Turmberg 2016 Allgemeines: Schon im 19. Jahrhundert hat das historische Weingut Robert Weil Weine an zahlreiche Kaiser- und Königshäuser Europas geliefert. Heute zählt es wohl zu den bekanntesten Deutschlands. Es gibt wohl keinen Weinfreund, dem das “tiffanyblaue” Etikett nicht bekannt ist und der noch nie einen echten Weil im Glas hatte. Was habe ich mich gefreut, als ich 2016 zum ersten Mal ein paar Weine von Wilhelm Weil, dem Urenkel des Gründers, zur Verkostung erhalten habe. Und wie sehr habe ich mich gefreut, als ich letzten Herbst die neuen Jahrgänge entgegen nehmen durfte. Bin ich 2016 an der Basis eingestiegen, so habe ich mir heute einfach blind eine Flasche gegriffen und mir so den Turmberg 2016 Erste Lage zur Verkostung raus gefischt. Und weil mir schon der Jahrgang 2015 ausgesprochen gut gefallen hat, erwarte ich natürlich auch vom 2016er ein nicht minder grandioses Weinerlebnis. Die Neugier ist gross und deshalb geht es heute gleich von Anfang an (ohne die Karaffe zu bemühen) rein ins Geschehen.

Im Glas: Blasses strohgelb steht im Gegensatz zum 15er (der richtig strahlte) im Glas.

In der Nase: Überraschend ist der Duft, der 2016 straffer, erheblich mineralischer ist. Keine Banane mehr, dafür weisser Pfirsich, etwas Minze und eine Aromatik, die man durchaus “traubig” nennen darf. Generell ist die Exotik des Jahrgangs 2015 einer klaren, sehr kargen Mineralik gewichen. Der Turmberg 2016 scheint sich von jeglichem Ballast befreit zu haben und präsentiert sich in den Nasenflügeln ausgesprochen frisch und fein. Gefällt mir gut, weil es auch richtig animiert.

Im Mund: Aber hallo! Da knackt es richtig an den Zungenrändern, die sich vor Freue auf der Stelle einrollen. Von wegen exotisch. Das ist Vergangenheit. Der Turmberg 2016 kracht vor Mineralität und steht wie eine Eins im Mund. Pfirsich, etwas Birne, klirrend, straff, gerade wie mit dem Lineal gezeichnet, zieht der Tropfen durch die Luke und lässt keinen Zweifel aufkommen, dass hier die Rieslingpost abgeht. Was für ein Spass im Mund. Rasant die Säureader, zart schmelzig am Gaumen, unten aber, da legt der Kerl ein Tempo an den Tag, dass man sich besser anschnallt. Am Ende bleibt die Frage, was man mehr schmeckt: Zitrone oder Salz? Egal, der Turmberg rockt die Hütte und zischt bedenklich rasch durch die Zentrale. Langes Leben ausgeschlossen. Zumindest für diese Flasche.

Ich gebe zu, ich liebe Stoff wie diesen. Riesling der klar wie Glas ist, der befreit von jeglichem Ballast sein Werk im Mund verrichtet und die Zunge rockt, während er den Gaumen ganz sanft streichelt und ihn mit zartem Schmelz einhüllt. Der Turmberg ist so ein Geselle, und jetzt, am zweiten Tag, da geigt der Kerl richtig auf. Hat Grip entwickelt, zieht wie Seide kühl am Gaumen ab, bleibt etwas haften und schiebt am Ende einen Tick Zitrone hinterher, damit man auch im Abgang richtig Spass hat. Der Nachhall ist von nacktem, kaltem, hartem Stein geprägt. Minze scheint vorbei zu fliegen, macht alles nochmal frischer und verleiht der Tropfen eine wunderschöne kühle Note. Süffig wäre wohl die pure Untertreibung, das Zeug hat einen Zug der schon erschreckend ist. Bitte noch ein Glas. Und dann noch eines.

Ich versuche mich an 2015 zu erinnern und stelle fest, dass der Turmberg 2016 der “ausgereiftere” ist. Er ist karger, die Exotik fehlt ihm ganz. Dafür glänzt er mit einem Frucht- und Säurespiel, das ausgesprochen harmonisch ist, wo nichts sich in den Vordergrund drängt und deshalb kompletter wirkt. Ganz abgesehen davon, dass 2016 extrem mineralisch und insgesamt auch kühler ist. Er wirkt (noch) schlanker, zieht erheblich rasanter durch den Mund und ist um eine Klasse knackiger.

Resümee: Auf jeden Fall ist 2016 ein gefährlich flotter Tropfen, der, so man nicht aufpasst, schneller verdunstet ist als man bis zehn gezählt hat. Das Teil macht Spass, es sorgt für gute Laune und geht (dank schlapper 12,5 PS) auch als Durstlöscher durch. So geht Rieslingvergnügen.

Tipp: Kann in die Karaffe, muss aber nicht. Mit 8-10º zum Steirischen Backhendl, oder zum klassischen Wiener Schnitzel. Forelle, Hecht und Zander mag er auch. Oder einfach solo trinken, aber Vorsicht, der ist schneller weg als einem lieb ist.

Einen Bericht über den Kiedrich Turmberg lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Riesling Turmberg 2016 Erste Lage vom Weingut Robert Weil aus Kiedrich im Rheingau, Deutschland.

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Kategorie: Robert Weil, Verkostet

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