Prulke DOC Carso 2012

| 13. Mai 2016 ...alles

Mysterium im Mund

Ein echter Avantgardist. Erhaben, entrückt und wunderbar gegen den Strich gebürstet. Ein Wein für Connaisseurs und Leute die das Abenteuer suchen.

Winzer/Weingut: Azienda Agricola Zidarich, Prepotto/Triest, Italien.

Lage/Herkunft: Von Rebstöcken die auf karstigen Böden mit einer weissen Kalkoberschicht und roter Erde darunter wachsen.

Prulke Allgemeines: Erst 1988 hat Benjamin Zidarich sein Weingut, die Azienda Agricola Zidarich in Prepotto, einem kleinen Dorf über Triest, gegründet und gehört heute bereits zu den Stars der internationalen Weinszene. Die knappen 20 000 Flaschen die er jährlich proudziert sind heiss begehrte Objekte und ein solches habe ich heute unter dem Motto Italien mutig anders am Tisch der Wahrheit stehen. Den Prulke DOC Carso 2012, eine Cuvée aus Vitovska, Malvasia und Sauvignon. In mittleren und großen Eichenfässern aus Slawonien und Frankreich ausgebaut und unfiltriert und ohne Stabilisatoren abgefüllt ist diese “schräge” Komposition, deren Rebstöcke auf karstigen Böden mit einer weissen Kalkoberschicht und roter Erde darunter wachsen. Prulke ist übrigens der alte Name einer Reblage der Gegend, nach welchen Benjamin Zodarich auch alle seine anderen Weine benannt hat. Wie der Prulke allerdings schmeckt, dem werde ich jetzt über den Tag verteilt intensiv auf den Grund gehen. Eine Stunde im Dekanter sollte reichen, ein grosses Glas ist Pflicht für diesen Tropfen aus der Fraktion “Naturwein”.

Im Glas: Fast schon rotgold ist die Farbe die aus dem grossen Kelch strahlt. Leichte orange Töne sind dabei.

In der Nase: Ausgesprochen würzig strömen Aromen von nassem Heu, frischer Mandarinenschale und einem Schuss Chinin in die Nase. Es ist ein ungewohnter Duft, leicht irritierend weil man sowas selten riecht. Ein Duft der sich, seit der Wein in der Karaffe steht, permanent verändert hat und sich im Augenblick sehr frisch und ungemein floral-würzig präsentiert. Man fühlt ihn sehr stark und spürt wie er die Nasenflügel fordert. Irgenwie mystisch riecht der Prulke, jedenfalls äusserst spannend.

Im Mund: Weisswein völlig ungewohnt. Einerseits kräftig und urplötzlich leicht und fein. Geschmack den man nicht kennt, Mandarine auf der Zunge, Chinin und viele weisse und gelbe Blumen. Traumhaft würzig, frisch in der Säure, tänzelnd, agil und elegant. Und dann der Saft, ganz dicht und irgendwie auch schwerelos. Ein Mysterium im Mund, welches laufend ein anderes Gesicht zeigt. Zitrusfrische an den Zungenrändern, am Gaumen dafür zärtlich herbe Töne. Schmeckt man den Prulke mehr, oder ist es einfach pures Mundgefühl? Es ist zweiteres. Man spürt den Wein in jeder Pore, auf jedem Millimeter, permanent, eindringlich und intensiv. Der Abgang ein einziges würzig-florales Erlebnis, der Nachhall ewig, warm aber auch frisch. Abenteuer pur und nichts für Spiesser.

Ich schwelge permanent unentschlossen zwischen fruchtig-saftig und floral-würzig hin und her, versuche das was auf der Zunge steht einzuordnen und docke unverzüglich am Gaumen an. Nix verstehen? Der Prulke ist ein Artist. Oder sowas ähnliches. Das ist Mundkino ohne Skript, ohne Storyboard, es findet einfach statt. Gerade eben schmeckt man Mandarine, spürt man im nächsten Augenblick Zitrone am Zungenrand. Während sich am Gaumen alles herrlich herb und trocken anfühlt. Mit jeder Stunde legt der Prulke zu, wird immer feiner, fast transparent in seiner Struktur. Dabei haftet er sich immer mehr im Mundraum an, zeigt keinerlei Gewicht, nur Kraft. Ich merke wie der Wein mir anfängt richtig Spass zu machen, ich mich in ihn reinversetzen kann und ihn immer intensiver spüre. Nur zum Trinken ist der Stoff nicht gemacht, der will erlebt werden.

Es ist jetzt Nachmittag und ich habe mich endgültig in den Prulke verliebt. Weil er so anders ist, so direkt und fordernd, aber auch so fein und subtil. Weder Geruch noch Geschmack sind kategorisierbar, er lässt er alle Wege offen und führt am Ende doch wieder zum Ausgangspunkt zurück. Es ist das Spiel von Frucht und Würze, von feiner Säure und herber Haftung, von Saft und Trockenheit und letztlich die Kombination von Malvasia und Vitovska, die, auch wenn sie anteilsmässig in der Minderheit sind, den Takt vorgeben. Und letztlich diese Art von Schwerelosigkeit im Mund. Kraft ohne Muskeln, schwer ohne Gewicht, dicht und doch fein, herzhaft und auch elegant.

Resümee: Den Prulke mag man oder lehnt man ab. Da ist kein Platz für ein “vielleicht”. Das ist Wein der seine Zeit fordert, der nicht für den schnellen Durst gemacht ist und sich trotzdem – so man ihn entschlüsselt hat – äusserst zügig trinken lässt. Der Prulke ist Avantgardist, erhaben, entrückt und wunderbar gegen den Strich gebürstet. Ein Wein für Connaisseurs und Leute die das Abenteuer suchen.

Tipp:Geben Sie dem Wein 2 Stunden in der Karaffe und nehmen sie unbedingt ein Burgunderglas. Am besten mit 14-16º trinken, der braucht etwas Temperatur. Zu Sushi, zu Süsswasserfisch und Krustentieren oder auch zur anspruchsvollen Gemüseküche ein Traum. Ohne Essbegleitung ein anspruchsvoller Wein der grosses Gaumenkino abspielt.

Einen Bericht über den Prulke lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Prulke DOC Carso 2012 von der Azienda Agricola Zidarich aus Prepotto in Triest, Italien. Bezugsquelle: K&U Weinhalle, Nürnberg.

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Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet

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