Valmengaux 2010

| 30. Juli 2015 ...alles

Kecke Säure in einer Tonne Flugsand

Trotz 13,5 PS kein Deut von Muskeln, eher grazil und feingliedrig in der Textur. Bio-Bordeaux der einfach Spass macht.

Winzer/Weingut: Domaine de Valmengaux, St. Emilion, Bordeaux, Frankreich.

Lage/Herkunft: Von durchschnittlich 30 Jahre alten Rebenstöcken auf lehmigen, tonigen Böden des rechten Ufers.

Valmengeaux Flasche/Etikett: Edel, elegant und einprägsam ist das Etikett gestaltet. Zweigeteilt, in ein grosses Hauptetikett und ein schmales das darunter angebracht ist. Am grossen crémefarbigen Etikett oben VMG in Form eines Ovals in geschwungener Typo und in der Mitte gross und in ebenso eleganter Handschrift Valmengaux. Alles in passendem “bordeaxurot”. Am schmalen unteren Etikett ist all das aufgedruckt was sonst auf einem Rückenetikett (das hier fehlt) stehen würde. In drei Bereiche unterteilt, links und rechts allgemeine Informationen wie Jahrgang, Herkunft, Alkoholgehalt, etc. In der Mitte VALentin, cleMENtine und marGAUX untereinander, jeweils ein Teil der Namen rot hervorgehoben. Damit kann jeder sofort nachvollziehen woraus sich der tatsächliche Name zusammensetzt. Unterhalb noch Beatrice et Vincent Rapin. Eine bordeauxrote Halsmanschette rundet das Gesamtbild stimmig ab. Damit sich der Valmengaux auf seinen Auftritt entsprechend vorbereiten kann, kommt er für eine Stunde in die Karaffe.

Im Glas: Dichtes granatrot schimmert im Glas und hellt zum Rand leicht auf.

In der Nase: Sehr würzig steigt eine feine Wolke die Nasenflügel hoch. Durchzogen mit reifen Pflaumen und Kirschen. Etwas Brombeere ist dabei. Ein Tick Vanille blitzt auf, Kakaoaromen treten ebenso verhalten hervor. Alles ist überzogen von einer feinen Würze mit trockenem Geäst und Erde. Es fühlt sich kraftvoll und kompakt an in der Nase, deutet auf ein ebenso kräftiges Mundgefühl hin. Habe ich recht, oder steht wie so oft, ein völlig anderer Wein im Mund?

Im Mund: Und schon rieselt es auf der Zunge. Und wie! Ich habe mich nicht getäuscht. Der Valmengaux schüttet einem rücksichtslos eine Tonne allerfeinster Gerbstoffe auf die Zunge und verteilt sie dort wie nordafrikanischen Flugsand. Ist das schön! Wer allerdings glaubt ein Monster im Mund zu spüren, der irrt gewaltig. Allerfrischeste Säure steht da im Sand, neckt den Zungenboden, spritzt mit frischem Cassis um sich und wirkt richtig kühl im Mund. Dahinter weiss das Holz noch nicht so recht wozu es da ist, was seine Aufgabe ist, doch macht sogar das einen gewissen Spass, weil es so “irritiered lustig” ist. Es schmeckt durchaus fruchtig, erst im Abgang schmeckt man etwas Schokolade und am Gaumen spürt man wie sich der Tanninfilm fest anlegt und dort haften bleibt. VALentin, cleMENtine und marGAUX, drei Kinder auf dem Weg zum erwachsen werden.

Erst jetzt, nach zwei Stunden beginnt der Valmengaux etwas feiner zu werden, der Sandsturm ist grösstenteils vorbei gezogen, was aber nicht heisst, dass der Wind zu wehen aufgehört hat. Nach wie vor sehr gerbstoffbetont steht der Wein auf der Zunge, ist aber jetzt erheblich kompakter spürbar. Cassis, Kirsche und auch Pflaume stehen saftig in der Mitte, hoch pulsierend ist die Säure. Ohne die bräuchte man wahrscheinlich einen Hebekran für diesen Tropfen. Überall, auf der Zunge, an den Lippen, am Gaumen, haftet ein wunderbar dunkelrotfruchtiges Gerbstoffpelzchen, das sich in einer leicht herben Würze auflöst. Es beginnt jetzt richtig Spass zu machen mit dem kleinen Racker und ich bin gespannt wie er sich nach weiteren zwei Stunden präsentieren wird. Ich wette, dass ihn Luft zu einem richtig feinen wie auch charaktervollen Selbstdarsteller werden lässt.

Wie erwartet zeigt sich der Valmengaux nach vier Stunden an der Luft mehr als versöhnlich. Die Cassisaromen sind stark in den Vordergrund getreten, die Säure ist unverändert pulsierend, mehr Frucht als Würze ist schmeckbar. Die Gerbstoffe sind fast zivilisiert geworden, fühlen sich fein an, ohne ihren Schliff verloren zu haben. Kirsche schmeckt man schön heraus, ein straffer Vanilleton steht Spalier und am Gaumen bleibt ein Film von dunklem Kakao haften. Im Abgang umgekehrt eher würzig als fruchtig, noch wird ein Rest vom Holz mitgeschleppt.

Resümee: Insgesamt ein Mundgefühl das überrascht, weil es nicht von Extrakt und Fülle dominiert wird, sondern frisch und kühl wirkt. Trotz 13,5 PS kein Deut von Muskeln, eher grazil und feingliedrig in der Textur. Bio-Bordeaux der einfach Spass macht. Braucht enorm viel Luft, sorgt aber dann für richtig tolles Trinkvergnügen. Um 17 Euro ein Bordeaux, der ausnahmsweise keine Löcher in die Kassa sprengt.

Tipp: Zwei bis drei Stunden in der Karaffe sind empfehlenswert. Mit 16-18º geniessen. Zu Fleisch, Wild, Pasteten, Federvieh und gutem Käse. Zur Alleinunterhaltung ein eleganter wie auch anspruchsvoller Zeitvertreib.

Einen Bericht über den Valmengaux lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Valmengaux 2010 von der Domaine de Valmengaux in Saint Emilion, Bordeaux, Frankreich. Bezugsquelle: K&U Weinhalle, Nürnberg.

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Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet

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