Touraine 2015 Sauvignon Blanc
So klein und doch so gross
Geht eben nur in Frankreich, wo man sogar zum einfachen Mittagstisch qualitativ hochwertigen Alltagswein zum Sozialtarif geniessen kann.
Winzer/Weingut: Domaine des Corbillières, Oisly/Loire, Frankreich.
Lage/Herkunft: Von Rebstöcken auf Sand-, Lehm- und Geröllböden.
Allgemeines: Vor ein paar Jahren habe ich die ersten Weine von Dominique Barbous Domaine des Corbillières aus Oisly an der Loire verkostet und bin seitdem ein Freund davon geworden. Weil sie perfekte Alltagsweine mit Charakter sind und noch dazu so gut wie nichts kosten. Darum steht heute wieder einmal so ein “kleiner Wein” von Dominque am Tisch der Wahrheit. Unter dem Motto Weiss für lau trifft sein Touraine 2015 Sauvignon Blanc den Themennagel quasi auf den Kopf. Seit Jahrzehnten arbeitet Dominque Barbou ohne den Einsatz synthetischer Spritz- und Düngemittel, ist aber bis heute nicht biologisch zertifiziert. Wozu auch? Vergoren wurde der Wein im Stahltank wo er lange auf der Hefe liegen gelassen wurde. Nach wie vor zählt das Etikett zu den wohl banalsten die es gibt am Weinmarkt. Es ist so banal, dass es schon wieder schön ist. Und ich schliesse jetzt schon Wetten ab, dass der Sauvignon Blanc mindestens ebenso “schön” ist wie die anderen Weine Dominiques, die ich bereits getrunken habe.
Im Glas: Albinogelb könnte man die Farbe des Touraines bezeichnen.
In der Nase: Der Duft ist einerseits typisch Sauvignon Blanc, andererseits aber dichter und vor allem nicht so brüllend. Litschi riecht man, gelbe Grapefruit, etwas Apfel und viel grüne, frisch gemähte Wiese. Es fühlt sich kompakt an in der Nase, es lärmt nicht ordinär im Riechorgan, es ist verhalten aber doch sehr bestimmt. Ein Duft der einem augenblicklich den Wasserstand im Mund ansteigen und Sehnsucht nach dem ersten grossen Schluck aufkommen lässt.
Im Mund: Butterweich strömt der Touraine auf die Zunge. Fast möchte man ihn als vollmundig bezeichnen, was er aber nicht ist, es ist nur die Textur die einem dieses vortäuscht. Dabei ist der Wein sehr feingestrickt, hat Biss und Grip und sorgt für ein Mundgefühl, das man so nicht erwartet hätte. Gelber Apfel taucht auf, die Grapefruit ist auch wieder da und beide fliessen saftig und mit frischer Säure über die Zungenränder ab. Am Gaumen selbst spürt man die grüne Wiese, fühlt wie leicht der Tropfen ist und geniesst die frischen Grapefruitnoten. Und plötzlich merkt man, dass an den Wangeninnseiten Speichel fliesst und man auf der Stelle mehr von diesem Sauvignon will.
Was mag ich nur so sehr an diesem kleinen Racker? Es ist diese angenehme Fülle die er im Mund ausstrahlt ohne wirklich füllig zu sein. Es ist seine Dichte, die doch so feingewirkt ist. Und es ist seine ruhige Art im Mund mit welcher er sich durch ihn durchschleicht. Physis schmeckbar, fühlbar, immer präsent. Weich im Charakter, trotzdem so etwas wie zärtlich knusprig am Gaumen, was letztlich doch nur herrlich feiner Grip ist. Staubiger Boden trifft leise gelbe Grapefruit, dem Paprika wurde der Zutritt verweigert, dafür stampft gelber Apfel durch die Szenerie und das frische Gras sorgt für Frühlingsstimmung in der Futterluke. Sauvignon Blanc von der Loire. Unerreicht. Sogar wenn es nur ein “kleiner” ist. Schmeckt besser und fühlt sich besser an als viele Grosse.
Am Ende aber ist es der Gesamtcharakter des Touraines der mich verzaubert. Da ist soviel Mundgefühl vorhanden wie man es sonst nicht kennt. Man spürt die Zeit die Dominique Barbou seinen Weinen auf der Hefe gibt, man geniesst diese aussergewöhnliche Dichte und Struktur im Mund, man fühlt, dass dieser Tropfen weit mehr wert ist als er kostet. Die 7,90 Euro sind nämlich ein Witz für das was dieser Wein abliefert.
Resümee: So etwas geht eben nur in Frankreich, wo man sogar zum einfachen Mittagstisch qualitativ hochwertigen Alltagswein zum Sozialtarif geniessen kann. Ich kann es nicht oft genug betonen, dass ich ein grosser Sauvignon Blanc-Zweifler bin, aber was von der Loire so kommt, das gehört für mich, von ganz klein bis ganz gross, zum Besten was man aus dieser Rebsorte machen kann. Noch einmal ganz langsam zum Mitschreiben: 7 Euro 90 sind zu investieren. Für massenhaft viel Wein. Zuschlagen!
Tipp: Korken raus und rein ins Glas. Trinkt sich perfekt mit gut temperierten 12º. Da zeigt er seine Dichte am besten. Zu Spargel, Gemüsekreationen oder zur Forelle blau. Oder einfach solo. Schmeckt, fühlt sich gut an und macht glücklich. Easy “trinking” anytime.
Einen Bericht über den Touraine Sauvignon Blanc lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein Touraine Sauvignon Blanc 2015 von der Domaine des Corbillieres aus Oisly an der Loire, Frankreich. Bezugsquelle: K&U Weinhalle, Nürnberg.
Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet