Schwarz 1 Blauer Wildbacher 2007

| 27. April 2013 ...alles

Purer Saft im weichen Plüsch.

Ein ungewöhnlicher wie auch aussergewöhnlich anderer Wein, der erst am zweiten Tag sein volles Potential zeigt und zur Höchstform aufläuft.

Winzer/Weingut: Wein & Sektmanufaktur Strohmeier, Steiermark, Österreich.

Lage/Herkunft: Die Trauben stammen von den verschiedenen Rieden des Weinguts in der Weststeiermark.

schwarz 1 Flasche/Etikett: Auch diese Flasche ziert das kleine Papierhäubchen, welches mit einer einfachen Paketschnur über dem Flaschenkopf festgebunden ist. Darauf steht wie gehabt in deutsch und englisch einiges über die Philosophie die hinter und in diesem Wein steckt. Auf der Flasche selbst wieder das runde, randgewellte Etikett im nostaligischen Papierdesign. Im bereits bekannten Papyrus-Font steht wieder a) der Name des Weins, b) die Serie welcher er entstammt und c) der Erzeuger drauf. Dazwischen der Hinweis, dass der Wein ohne Zugabe von Schwefel und anderen Zusatzstoffen, sowie unfiltriert ist. Am hinteren Etikett erfährt der interessierte Weinfreund alles Wesentliche über den Wein und findet nützliche Hinweise bezüglich möglicher Depotbildung, Dekantier- und Glasempfehlung. Ebenso der Hinweis, dass der Wein am besten bei kühlen 15º getrunken werden sollte. Eine Information die so einfach ist, nichts kostet und meiner Meinung nach auf jeder Flasche Wein stehen sollte. Menschen die gerne Wein trinken aber keine ‘Experten’ sind würden sich über solche Hinweise sicher freuen und man könnte viele negative Erlebnisse damit vermeiden.

Bevor der ‘Schwarze’ bzw. Blaue Wildbacher in die grossen Burgundergläser kommt wird er umgefüllt und darf für 90 Minuten in der grossen Karaffe seinen Runden drehen.

Im Glas: Farblich macht der Schwarz 1 seinem Namen alle Ehre, denn so wie er heisst so steht er auch im Glas; nämlich schwarz. Am Rand zeigt sich ein etwas hellerer, rotbrauner Farbton. Sonst ist es absolut finster im Kelch.

In der Nase: Unmittelbar nach dem Umfüllen in die Karaffe war der Wein fast geruchsneutral, jetzt, nach neunzig Minuten Luftaufnahme, riecht man kräftige Johannisbeeraromen sowie eine ausgeprägte Holznote. Da herrscht Druck im Kessel, da ist nichts filigranes oder lieblich duftendes im Glas, da wird richtig auf die Tube gedrückt und ebenso kräftig und druckvoll zieht alles die Nasenflügel hoch. Eine dunkle, erdige Würze verleiht dem Schwarz 1 noch zusätzlich Kraft im Duft und wenn der Wein im Mund genauso dicht ist wie er sich schon in der Nase anfühlt, dann kommt was Mächtiges auf die Zunge und den Gaumen zu.

Im Mund: Wie erwartet ist das was in den Mundraum kommt von Dichte und vor allem von einer nicht erwarteten Säure geprägt. Einerseits spürt man sofort wie sich eine reife Johannisbeerfrucht ambitioniert ins Zeug legt und auf die Düse drückt, andererseits löst sich diese ‘süss-saure’ Frucht in ihrer eigenen lebendigen Säure eindrucksvoll auf. Es ist ein ganz eigenartiger Geschmack, einer der mit keinem anderen vergleichbar ist. Es dominiert eine ausgeprägte Cassisnote, man spürt eine kräftige aber trotzdem relativ weiche Tanninstruktur, man fühlt den Schwarz 1 gleichzeitig zweimal auf der Zunge; einmal als reif, fruchtig und säurebetont und ebenso als erdig, würzig, mit einem feinen Holzton versehen. Der Wein macht Spass, einen süss-sauren Spass, wenngleich man betonen muss, dass er keineswegs sauer ist, sondern durch seine kräftige Säureader für diesen subjektiven Eindruck sorgt. Keinesfalls aber ist der Wein wuchtig oder voluminös. Er ist zwar kräftig, fühlt sich aber relativ schlank und fein im Mund an. Die Gerbstoffe die er auf der Zunge abstreift sind angenehm seidig, weich und geschmeidig. Am Gaumen bleibt er ewig lange haften und man spürt die Johannisbeere noch lange nachwirken.

Am Abend wird das zweite Glas verkostet. Schon in der Nase hat sich einiges geändert. Es ist runder geworden, dichter und das Holz ist ein wenig zurück gewichen. Die Intensität des Duftes von zu Mittag ist leiser geworden, es riecht nur noch konzentrierter nach Johannisbeeren. Im Mund wirkt der Wein fast noch säurebetonter, aber auch saftiger, sticht richtig auf der Zungenspitze und fühlt sich sehr dicht in seiner Textur an. Man spürt lebendigen Saft am vorderen Teil der Zunge stehen, schmeckt sich durch schwarzes Fruchtfleisch welches eine ebenso lebendige wie saftige Säure vorzuweisen hat. Die Gerbstoffe sind weicher geworden, ziehen sanft über den Gaumen und im Abgang schmeckt man purem Johannisbeersaft hinterher. Insgesamt wirkt der Schwarz 1 ungemein fruchtig, doch sollte man nicht seine 14% übersehen die er in diesem saftigen Fruchtkleid mitführt. Spielt man mit dem Tropfen im Mund und presst ihn in alle Winkel, dann spürt man fast so etwas wie eine Süsse, die aber keine ist. Es ist einfach purer Saft und frische Säure die für ein Gefühl hinter den Lippen und in den Mundwinkeln sorgen, welches einem ein leicht saures Lächeln ins Gesicht zaubert. Das macht grossen Spass. Der Blaue Wildbacher ist definitiv anders als alles was ich bisher verkostet habe und auch mit nichts vergleichbar. Man muss diesen vergnügten Tropfen selbst erleben, ihn auf der Zunge tanzen und am Gaumen mit seinen intensiven Cassisaromen spüren. Das Holz ist im Geschmack so gut wie nicht mehr vorhanden, eine leichte erdige Würze ist noch da und den Rest dominiert die süss-saure Frucht. Morgen wird der Rest verkostet.

2. Verkostungstag

Zweiter Verkostungstag, zweiter Anlauf um dem Wein noch tiefer auf den Grund zu gehen. Im Duft hat der Blaue Wildbacher nichts verloren, es riecht nach wie vor intensiv nach Johannisbeeren und erdiger Würze, wenngleich die Erdigkeit etwas in den Vordergrund getreten ist. Auch geschmacklich hat der Schwarz 1 nichts verloren, ist so saftig wie am ersten Tag. Er ist jedoch weicher geworden, nicht mehr so säuredominiert wie gestern. Erst jetzt fällt einem ganz bewusst auf wie trocken der Wein wirklich ist. Persönlich gefällt mir der Schwarz 1 jetzt noch besser als am Vortag, weil alles harmonischer geworden ist, runder, in sich geschlossener, ohne dabei aber an Charakter verloren zu haben. Der Blaue Wildbacher ist fast zahm geworden. Alles fühlt sich weich und wohlig an im Mund, selbst die Gerbstoffe hüllen sich in Samt und fühlen sich richtig schmusig an am Gaumen. Die Johannisbeeraromen sind nach wie vor das tragende Element, sind aber jetzt nicht mehr so intensiv und vordergründig wie gestern. Vielmehr sind die Aromen in der erdigen Würze aufgegangen und bilden eine rauchig-fruchtige Einheit die in einen fast schon eleganten Gerbstoffmantel gehüllt ist. Der Schwarz 1 ist leise geworden, man spürt keine überbordende Fruchtnote mehr, die Säure hat zwei Gänge zurück geschaltet und alles fühlt sich sehr dicht und schön verwoben an. Jetzt ist der Tropfen in absoluter Höchstform und macht richtig Spass.

Resümee: So frech wie der Blaue Wildbacher zu Beginn war und sich im Laufe des ersten Tages entwickelt hat, so verhalten, fast schon vornehm zeigt er sich am zweiten Tag. War man am ersten Tag von seiner dominanten und intensiven Fruchtsäure und seiner kecken Art mit der er sich Mundraum behauptet hat überrascht, so ist man es noch mehr am zweiten Tag. Der Schwarz 1 hat sich um 180º gedreht und schindet nun mit einer Zurückhaltung Eindruck die man nicht erwartet hätte. Er zeigt Körper und Volumen, eine Textur die wie ein Seidentuch im Mund wirkt und einen Geschmack der sowohl fruchtig wie auch erdig warm ist. Man fühlt dem Wein stets hinterher, versucht dieses Wohlbehagen zu konservieren. Und träumt dem feinen und langen Nachhall hinterher. Fest steht jedenfalls, dass dieser Wein ein echtes Weinerlebnis ist. Erstens weil man Blauen Wildbacher reinsortig in ‘Rot’ ausgebaut nur sehr selten in der freien Wildbahn findet und zweitens, weil der Tropfen echte Persönlichkeit hat die sich nicht um Konventionen schert. Von mir zum Abschluss dafür beide Daumen hoch.

Tipp: Schwer. Wollen Sie echten Fun, dann trinken sie ihn nach drei bis vier Stunden an. Wollen Sie den absoluten Wohlfühlfaktor, geben sie ihm einen Tag und starten sie nach 24 Stunden eine wirklich tolle Reise. 15º Trinktemperatur sind perfekt. Am besten zu regionaler Hausmannskost, zu Kalten Platten, zu Wurstwaren, kalten Braten und vielem mehr der ideale Wein. Als Alleinunterhalter ein Tropfen der einiges zu erzählen hat.

Einen Bericht über den Schwarz 1 lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Blauer Wildbacher Schwarz 1 von der Wein & Sektmanufaktur Strohmeier aus St. Stefan o. Stainz in der Steiermark, Österreich. Die Wein & Sektmanufaktur Strohmeier ist Mitglied der Wertegemeinschaft Schmecke das Leben.

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Kategorie: Schmecke das Leben, Verkostet

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