Sankt Laurent ‘Zagersdorf’ 2008

| 30. Mai 2014 ...alles

Sankt Laurent aus einer anderen Welt.

Wein den man jeden Tag im Glas haben will und wer noch einmal sagt, dass Sankt Laurent unnötig ist, dem möge die Zunge abfaulen.

Winzer/Weingut: Rosi Schuster, St. Margarethen, Burgenland, Österreich.

Lage/Herkunft: Von alte Reben die auf schweren Lehmböden der Lage Zagersdorf stehen.

Zagersdorf Flasche/Etikett: Vanillegelb ist das Stück Papier, das auf der dunkelbraunen Burgunderflasche klebt. Ebenso unspektakulär wie das des Gemischten Satzes, beschränkt man sich auch hier auf das Wesentliche. Oben wieder das Schild mit einem Löwen abgebildet und unterhalb steht in grossen Lettern ZAGERSDORF in schwarz darauf. Unterhalb in weinrot Sankt Laurent, sowie in der Mitte alles Nötige was drauf sein muss. Ganz unten steht dann ROSI SCHUSTER Burgenland und fertig ist die Weinbeklebung. Strukturell wirkt das Design an jenes der Moric-Weine Roland Velichs angelehnt (nur wird dabei auf die Ornamente verzichtet). Dass sich Hannes Schuster bei Roland Velich Tipps für seine eigenen Weine holt, lässt diese Vermutung irgendwie schlüssig und nachvollziehbar erscheinen. Einfach aber elegant wirkt das Ensemble und wird durch eine weinrote Halsmanschette abgerundet. Am Flaschenhals ein kleines Etikett auf dem der Jahrgang eingedruckt ist und fertig ist die ‘Flaschenbekleidung’. Auf ein Rückenetikett verzichtet man. Der Zagersdorf will Luft und die bekommt er auch. Er darf für eine halbe Stunde in der Karaffe Sauerstoff aufnehmen.

Im Glas: Sehr klar und hell leuchtet sattes rubinrot aus dem Kelch heraus. Leichte violette Reflexe blitzen auf.

In der Nase: Es riecht überraschend erdig und würzig, eher blau als rot. Blauschwarze Waldbeeren ziehen ihre Kreise, Unterholz ist dabei. Schokolade taucht auf, ungewohnt wie überraschend eine elegante Kombination, die sich die Nasenwände hoch zieht. Es wirkt erfrischend kühl, hat etwas leicht Minziges mit im Gepäck und fühlt sich feinst mentholisch in der Nase an. Ungewohnt und untypisch Sankt Laurent wird der Duft von einer erdigen Beerigkeit dominiert, die mehr frisch als fruchtig ist. Die Schokolade die im Hintergrund durch die Gegend dümpelt lässt alles wieder weich und füllig erscheinen.

Im Mund: Fein, sehr fein, ultrafein. Und superleicht. So kommt der Zagersdorf in den Mund. Schlank im Körper, raffiniert gewirkt wie luftige Seide fühlt sich das auf der Zunge an. Kräuterwürze steht auf ihr und ist so leicht, dass sie zu schweben scheint. Der Wein hat null Gewicht und schindet trotzdem mächtig Eindruck mit seinem kaschmirartigen Gerbstoffgerüst und seiner subtil eingearbeiteten Säure. Feinste Tannine ziehen über Zunge wie Gaumen, lassen erdige Würze, blaue Beeren und auch etwas kühlen Pfeffer schmecken. Viel schlanker kann man Wein wohl nicht mehr machen. Es fühlt sich an als würde eine frische Brise Wind durch den Mund wehen und ihre Aromen an den Wangeninnenseiten abstreifen. Beeindruckend wie wenig sich viel bzw. wie viel sich wenig anfühlen kann. Der Zagersdorf ist mehr kräuterwürzige und saftig-belebende Erfrischung als man es jemals angenommen hätte.

Immer mehr ‘versammelt’ sich der Wein an der Luft, wird immer eindrucksvoller in seinem Aromenspiel, ohne seine superschlanke Statur aufzugeben. Es wird ein wenig fruchtiger, dunkle Beeren drängen sich etwas in den Vordergrund, werden aber von einer angenehmen Erdigkeit begleitet. Was für totale Bewunderung sorgt ist dieses feine Gerbstoffkleid mit dem der Zagersdorf im Mund unterwegs ist. Wie ein feiner Nebel zieht er fast schwerelos über den Gaumen, streift die Zunge und fühlt sich dabei an wie ein leichter weisser Hauch. Ein ungemein erfrischendes Frucht/Säurespiel spielt sich auf der Zunge ab, fliesst neckisch an ihr ab und verschwindet in einem durchaus rotfruchtigen wie auch kräuterwürzigen Abgang. Im Nachhall wieder feine Erde, etwas Unterholz und ein feiner Nebel, von dunkler Schokolade schwadroniert.

Resümee: Eines steht für mich jetzt schon fest: Das ist der beste Sankt Laurent den ich je getrunken habe. Natürlich ist das subjektiv, aber was da abgeht ist (für mich) schlicht phänomenal. Ein Leichtgewicht mit tollem Grip im Mund, so gut wie kein Körper und doch eine straffe Statur. Frucht und Säure auf einen Level gebeamt, der beide ätherisch erscheinen lässt, eine Kräuterwürze die Rasse hat und doch schick ist. Und ein Gesamtmundgefühl von welchem man sich wünscht, dass es niemals enden möge. Sogar was nur den Geschmack betrifft ein Sankt Laurent-Erlebnis, das man nicht vergisst weil es so grandios ist. Der Tropfen trinkt sich als wäre er Wasser, fühlt sich an als könnte er fliegen und verdunstet auf eine Art und Weise, die es – so man sich auch in diesen Wein verliebt hat – richtig teuer werden lässt wenn man dem entgegenwirken will. 35 Euro kostet so ein Fläschchen und ist somit nicht unbedingt alltagstauglich. Wenngleich der Zagersdorf himself mehr als das ist. Das ist Stoff den man ungeniert jeden Tag im Glas haben will und wer noch einmal sagt, dass Sankt Laurent unnötig ist, dem möge die Zunge abfaulen. Hannes Schusters Zagersdorf ist grosses Kino und wird demnächst als Abendbegleitung zu Casablanca seinen grossen Auftritt haben.

Tipp: 1 Stunde Belüftung ist ideal, 2 sind besser. Mit 16-18º trinken. Zu vielfältigen Gerichten wie Schweinefleisch, Fisch und saisonalem Gemüse einsetzbar. Zur alleinigen Unterhaltungen ein mehr als nur anspruchsvoller Begleiter.

Einen Bericht über den Sankt Laurent ‘Zagersdorf’ lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Sankt Laurent ‘Zagersdorf’ 2008 vom Weingut Rosi Schuster aus St. Margartehen im Burgenland, Österreich. Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle zur Verfügung gestellt.

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Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet

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