Reiterpfad 2009
Tango auf der Zunge.
Rassig und gesittet bissig punktet der Tropfen mit lebendiger Säure und zeigt sich trotzdem weich und mild im Mund. Riesling vom Feinsten.
Winzer/Weingut: Weingut von Winning, Deidesheim/Pfalz, Deutschland.
Lage/Herkunft: Von wechselnden Bodenverhältnissen der Lage ‘Reiterpfad’ mit überwiegend Gehängeschutt, abgeschwemmtem Sand und Buntsandstein, sowie Kalkmergelzonen und Lößlehmriegel.
Flasche/Etikett: Auf der dunkelbraunen Schlegelfalsche klebt ein wunderschönes, auf historisch getrimmtes Etikett. Auf weissem Hintergrund, der durch helles grau eingerahmt ist, prangt ein in Kurrentschrift gehaltenes, überdimensionales W, umrankt und ausgefüllt von aufwändig gestalteten Ornamenten. All das in gold, was diesem imposanten Auftritt sogar noch eine edle und elegante Note verleiht. Unten drunter VON WINNING in Kapitalen, oben drüber REITERPFAD, ebenso in Grossbuchstaben. Ein Etikett, das eindrucksvoll und unverwechselbar ist. Das Rückenetikett in hellem grau ist weiss bedruckt und informiert über alles was man sonst noch wissen soll und muss. Da der Ruppertsberger Reiterpfad, so heisst der Wein korrekt, ein Teilsponti ist, darf er für eine Weile in der Karaffe Sauerstoff aufnehmen bevor er dann (bereits sehnsüchtigst erwartet) in die Gläser kommt.
Im Glas: Helles strohgelb strahlt aus dem Glas, zarte grünliche Reflexe blitzen kurz auf und beim Schwenken fällt auf, dass der Wein ganz fein aufperlt.
In der Nase: Die Nasenflügel steigt ein ausgeprägt zitronig-würziger Duft hoch. Einerseits riecht es durchaus exotisch fruchtig, sehr gelb und intensiv, andererseits wird diese exotische Aromatik von einer ebenso ausgeprägten Würze begleitet. Alles harmonisch in sich verwoben und äusserst animierend. Orangenschalen nimmt man wahr und insgesamt würde man den Duft ‘bei uns hier’ als ‘Kracher’ bezeichnen.
Kaum auf der Zunge angekommen, macht der Reiterpfad sofort klar was er nicht ist; ein banal auf Frucht gestrickter Wein welcher der Masse gefallen will. Hier kommt rassige Säure auf die Zunge, packt druckvoll zu und eine ebenso rauchige wie auch ausgeprägt steinige Mineralik zieht ihre Spur darüber. Man schmeckt sich durch ein Aromenmeer von Blumen, begleitet von einer eleganten Kräutrigkeit und hechelt der rassigen Säure hinterher. Trotzdem fühlt sich der Wein weich und cremig an im Mund, nur auf der Zunge gibt er Gas und räumt dort richtig ab. Da tanzt er Tango, zeigt was ‘gesittet bissig’ heisst und regt die Drüsen noch während er im Mund ist zu verstärktem Speichelfluss an.
Im Mund: Bildlich beschrieben fühlt sich der Wein im Mund wie ‘nicht gereinigt’, nicht auf Hochglanz poliert oder fein heraus gemacht an. Hat er sich erst von der Zunge verabschiedet, hinterlässt er am Gaumen ein rauchiges Gefühl, ist trocken und steht doch im Saft. So rassig wie der Wein die Zunge aufmischt, so weich und sanft wirkt er am Gaumen und im Abgang. Der Reiterpfad hat zwei Gesichter. Zitronige Säure auf der Zunge und Blüten- und Steinobstaromen am Gaumen. Alles komplettiert mit dieser rauchigen Note die sich bis zum Ende durchzieht und man meint, die Sand- und Lehmböden dieser Lage schmecken zu können. Trotz seiner mehr als erfrischenden Säure wirkt er warm und rund im Mund, bleibt noch lange auf der Zunge stehen und wirkt steinig-mineralisch nach.
Assoziiert man Reiterpfad mit Reiten, dann könnte man fast sagen, dass der Wein der Zunge die Sporen gibt. Die Crux ist, dass, obwohl dermassen viel Rasse auf selbige niederprasselt, diese nie um ‘Hilfe’ schreit, sie liebt dieses kontrolliert Überschwängliche, dieses pulsierende Leben auf ihr und will ständig mehr davon.
Resümee: Der Reiterpfad ist eindeutig ein Wein den man über viele Stunden hinweg immer wieder neu ‘entdecken’ kann. Je mehr Luft er aufnimmt umso mehr verändert er sich hin zu gnadenloser Mineralik, gepaart mit ebensolcher klaren Rasse im Mund, um sich am Ende in einer sehr gefälligen und schmackhaften Steinobst- und Kräuterwürze aufzulösen. Als ehemaliger Reiter würde ich diesen Riesling heute jedem anderen, üblicherweise hochprozentigen ‘Steigbügeltrunk’ kompromisslos vorziehen. Noch dazu wo dieser Tropfen um gerademal 15 Euro käuflich zu erwerben ist. Lächerlich für das was man als Gegenwert bekommt.
Tipp: Tun Sie sich den Gefallen und geben dem Reiterpfad wenigstens eine Stunde in der Karaffe. Danach einfach seine Wandlungsfähigkeit beobachten und sich daran erfreuen. Am besten nicht zu kalt, etwa um 12º geniessen.
Einen Bericht über den Riesling ‘Reiterpfad’ lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein Riesling ‘Reiterpfad’ 2009 vom Weingut Von Winning aus Deidesheim in der Pfalz, Deutschland. Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle zur Verfügung gestellt.
Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet