Poeira 2009
Portugiesisches Kunstwerk.
Ein Tropfen den man zurecht als Kunstwerk bezeichnen darf. Soviel kühle Konzentration in die Flasche zu bringen ist Handwerk auf höchstem Niveau.
Winzer/Weingut: Jorge Moreira, Poeira, Provesende, Portugal.
Lage/Herkunft: Von den ältesten Reben der Quinta Poeira auf den steilen Schieferterrassen im Dourotal.
Flasche/Etikett: Im Gegensatz zu den beiden bereits verkosteten Weinen Pó de Poeira Branco und Pó de Poeira tinto ziert diese Bordeauxflasche nicht das Etikett mit dem typischen weinroten Seidentuch, sondern ein violetter ‘Staubsaugerschlauch’. Dieser wechselt Jahr für Jahr und bei meinem nächsten Treffen mit Jorge werde ich ihn fragen was es damit auf sich hat. Nachdem Poeira aber für ‘Staub’ steht sollte der Bezug dazu irgendwie nahe liegen. Jedenfalls ist auch dieses Stück Papier wieder eine Augenweide, einfach quadratisch, einfach mit dem Namen des Weines beschriftet und eben der obligate violette Schlauch. Was man weiters wissen soll steht am hinteren Etikett ausführlich drauf und informiert über alles was einen interessieren könnte.
Bevor wir aber den ‘Portugiesen von Weltformat’ in die Gläser lassen wird er für 90 Minuten in die grosse Karaffe umgefüllt. Dort darf er sich ein wenig akklimatisieren und sich bereit für seine ‘letzte Reise’ machen.
Im Glas: Dunkelrot wie Stierblut steht der Poeira in vollem Saft im Glas. Ein ganz dünner rubinroter Rand blitzt frech auf und auch beim Schwenken wird der Wein nicht wirklich heller. Dafür ‘klebt’ er fast an der Wand und schmiert nur langsam wieder ab.
In der Nase: Kräftige Gewürzaromen strömen in die Nase. Eine ganz feine morbide Note steht daneben. Es riecht dunkel, braun, nach Unterholz und Laub. Alles sehr konzentriert, dicht und richtig saftig. Man kann erahnen was auf einen zukommt. Man kann es sogar als üppig bezeichen was man in der Nase spürt weil dieser Geruch doch ziemlich über banales Riechen hinausgeht. Kaffee und dunkle Schokolade treiben sich auch herum und insgesamt wirkt alles äusserst vielschichtig und vor allem kräftig, ohne jedoch laut zu sein.
Im Mund: WOW. Einfach WOW. Saftig konzentriert, vollgepackt mit einer überraschend kühlen Frische auf der Zunge zeigt sich der Poeira sofort von seiner besten Seite. Kräftig aber leicht, so widersprüchlich sich das auch anhören mag, stellt er sich in der Mitte der Zunge auf und drückt auf die Saftdrüse. Was dann ausgepresst wird fühlt sich fast süss an, ist aber nichts anderes als die Konzentration alter Reben. Ein Mundgefühl das einen sabbern lässt. Man ahnt, dass der Wein enorme Kraft hat, spürt diese aber nicht und empfindet ihn vielmehr als elegant und seidig. Das hat Stil, ist kühl im Mund und weich, hämmert nicht mit Tanninen rum und hat doch genug Textur und Muskeln um richtig einen drauf zu machen. Die Zunge würde am liebsten ertrinken in diesem süffigen Saft, der Gaumen jubelt sich einen ab weil er sich in brauner Erde und ebensolchen Gewürzkreationen baden darf. Unendlich lange wirkt der Poeira nach und man schmeckt ihm noch minutenlang geifernd hinterher. Wie soll dieser Wein hier bis zum Abend ‘überleben’?
Nach drei Stunden an der Luft scheint es, als hätten sich ein paar Gerbstoffe an die Oberfläche begeben um auf sich aufmerksam zu machen. Wie Kaschmir feinster Güte lassen sie einen fühlen wie nobel ihre Art sein kann und wie behutsam, vornehm und edel sie aufzutreten in der Lage sind. Der Poeira wird immer erdiger und bleibt trotzdem ausgesprochen saftig, legt ständig an Profil zu und bringt immer mehr seine ausgeprägte Mineralik ins Spiel. Alles höchst konzentriert, dicht und saftig. Hatte ich am Anfang Zweifel weil es draussen sommerliche Temperaturen hat, so sind diese jetzt wie weggefegt weil der Wein dermassen kühl und frisch ist, dass er glatt als saftig-süffiger ‘Sommer-Rotwein’ durchgehen würde. Was allerdings seinem Anspruch in keinster Weise gerecht wird. Der Poeira ist ein Grosser, ein Sir, eine echte Erscheinung die man nicht einfach so ‘verputzt’. Und trotzdem tut man sich schwer weil er so unheimlich grossen Spass macht. Nichts in diesem Wein wirkt nur banal vorhanden, alles ist klar defininiert, übersichtlich strukturiert und eindeutig erkennbar. Sei es die fast ‘fruchtig’ wirkende Konzentration des Saftes den man auf der Zunge spürt, die feinst gewirkten Gewürzaromen, die Erdigkeit die voller Leben und Kraft ist und die Dichte mit der sich der Poeira im Mund breit macht, ohne breit zu sein. Sei es die kühle Frische die er versprüht und die Art wie er samtig weich und lang anhaltend den Gaumen verwöhnt.
Resümee: Der Poeira ist ein Wein den man am liebsten ‘nicht mehr hergeben’ möchte. Wer glaubt etwas von dem neuem Holz zu spüren in dem er ausgebaut wurde, der wird eines Besseren belehrt. Nichts hier was ‘stört’, was sich aufdrängt oder anders wahrgenommen werden will. Keine Spur von Holz. Je länger der Wein atmet umso mehr läuft er zu einer Form auf die einen immer mehr gefangen nimmt. Der Poeira ist purer konzentrierter Saft in schönstem Gewande. Mächtig? Ja. Kraftvoll? Ja. Und das alles in einer beeindruckenden Leichtigkeit und feinen Eleganz formuliert die einen vergessen lässt, dass hier etwas ganz Grosses im Glas steht, weil es es so einfach wirkt. Genau das ist die Kunst und die gibt es für ungefähr 32 Euro käuflich zu erwerben. Ich habe mich verliebt in diesen Wein und im Hinblick auf sein eingangs erwähntes Entwicklungspotential ist das für heute Spartarif. Nicht auszudenken was dieser Tropfen in drei, fünf oder mehr Jahren kosten wird. Grosser Wein für grosse Momente!
Tipp: 60-90 Minuten in die Karaffe und dann bei 16 bis max. 18º geniessen. Nehmen Sie sich Zeit um diesen grossen Wein ‘kennenlernen’ zu können. Zu rotem Fleisch und aromatischer Gemüseküche bestens geeignet. Als Solist ein Wein für die entspanntesten Stunden im Leben.
Einen Bericht über den Poeira lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein Poeira 2009 von Jorge Moreira aus Provesende, Portugal.
Kategorie: Jorge Moreira, Verkostet