Merlot ‘m’ 2012

| 31. Oktober 2014 ...alles

Vorschub wie eine alte Antonow.

Ein Wein der mit Bedachtsamkeit genossen werden solte. Mit diesem Serum kann man nämlich Elefanten jagen.

Winzer/Weingut: Uwe Schiefer, Welgersdorf, Burgenland, Österreich.

Lage/Herkunft: Von eisenhaltigen Lehm- und Schiefer, sowie Quarz- und Schotterböden der burgenländischen Eisenberg-Region.

Merlot m 2012 Flasche/Etikett: Dick und dunkelschwarz ist das Gebinde in welchem der Merlot m vor sich hin schlummert. Beklebt ist die Flasche mit dem typischen Schiefer’schen Etikett. In diesem Fall in violett und schwarz gestaltet, dunkel wie der Wein der sich dahinter verbirgt. Tiefgründig und so opulent wie es vielleicht die Alkoholangabe bereits vermuten lässt? Durchzogen ist der tiefviolette Tropfen, Daumenabdruck bzw. die blau verfärbte Zunge von einem silbernen Faden. Am Ende hängt so etwas wie eine Ananas, in silber, was jedoch wohl eher eine Beere darstellen soll. Unten steht im scheeweissen Teil schiefer wie gewohnt in Kleinbuchstaben fett gedruckt und in silber merlot ‘m’ 2012. Den rechten, tiefschwarzen Bereich des einteiligen Etiketts füllen wieder sämtliche relevanten Informationen über den Wein. Wie schon erwähnt, springen einem hier die 14,5 %vol. sofort ins Auge und sorgen bereits vor dem Antrunk für ein wenig Ehrfurcht. Bevor der Merlot m aber ins Glas kommt wird er in die grosse Karaffe umgefüllt und darf dort für zwei Stunden reichlich Luft aufnehmen.

Im Glas: Dunkelkirschblutrot bis violett steht der Merlot m im Glas und fliesst nur langsam wieder von der Glaswand ab.

In der Nase: Saftige Pflaumenschwaden strömen die Nasenflügel hoch, fette Brombeeraromen dampfen daneben her. Eine dicke Rippe Schokolade ist tief eingebettet in dem fruchtig-opulenten Duft. Erde riecht man, eine kraftvolle Würze steht über allem und der Boden den man riecht fühlt sich warm und weich in der Nase an. Ein zarter Holzton schweb nebenher und verleiht dem durchaus fruchtigen Gesamtauftritt eine ansprechende Note. Kräftig insgesamt, aber keinesfalls schwer.

Im Mund: Gerbstoffe. Säure. Und jede Menge Grip auf der Zunge und am Gaumen. Der erste Eindruck. Und dann kommt die Power. Doch der Reihe nach. Überrascht wird zu allererst die Zunge mit einer ungemein frischen Säure. Die sorgt augenblicklich für Spass im Mund. Doch gleich danach spürt man feinsandige Gerbstoffe, welche sich sofort über selbige her machen und in Verbindung mit der Säure sogar für leichtes Pricklen sorgen. Erst dann merkt man auch die dunkelschwarzen Brombeeren, den Saft der aus ihnen strömt und die kräftige Würze die alles zu einem doch recht erdigen Gesamtspektakel werden lässt. Eindrucksvolle Konzentration, aber nichts Fettes fliesst über die Zunge, steht mächtig und druckvoll auf ihr, hat Körper, ist aber keineswegs dick. Natürlich kann von schlank hier keine Rede sein, doch eines schafft auch der 2012er; nämlich kühl und frisch zu bleiben.

Begeisternd ist die freche Säureader die sich hier im Mund herum treibt. Erst sticht sie die Zunge, fühlt sich fast schon ein wenig salzig an, dann zieht sie über den Gaumen und impft dem Saft der Brombeeren, Pflaumen und dunkelschwarzen Kirschen mächtig Lebensfreude ein. Nach drei Stunden haben sich die Gerbstoffe schön in den dichten konzentrierten Körper eingebuddelt und ziehen jetzt wie feinstes Schleifpapier über das Mundinterieur. Der Antrieb der unter dieser Haube schlummert hat einen Vorschub wie eine alte Antonow. Der Tropfen schnurrt und wenn er seinen Weg gegangen ist, kommt von hinten noch ein Stoss der einem zu verstehen gibt, dass man vorsichtig mit dem Wein umgehen sollte. Mit diesem Serum kann man Elefanten jagen. Je mehr Luft der Merlot m aufnimmt umso saftiger, umso konzentrierter wird er. Es überwiegt die Frucht, die erdige Würze gerät ins Hintertreffen und genau diese dichte Opulenz macht ihn so gefährlich. Niemals wird er heiss, niemals dick, aber er ist derart konzentriert, dass man richtig spürt wie sein Saft wie Benzin per Direkteinspritzung in die Blutbahn fliesst.

Die Zunge lullt er förmlich ein mit seinem schwarzen Saft, den Gaumen verzaubert er mit tief eindringender, fruchtbetonter Erde und im Abgang hört er nicht auf zu wirken und auch nachzuwirken. Man spürt ihn noch Ewigkeiten im Mund und wie er sich langsam in die Geschmacksbibliothek einbrennt. Übrig bleibt man mit einer Zunge die noch nicht aufgehört hat sich den Saft von ihr zu lecken und einem Gaumen, von dem man sich den letzten Rest von Erde kratzt.

Resümee: Definitiv ist der Merlot m kein Wein den man sich zum fröhlichen Verputzen aufmacht – es sei denn man will nach dem zweiten Glas in den Flugmodus übergehen. Diesen Wein macht man auf um sich ein Glas, vielleicht zwei kleine zu gönnen. Ein drittes wäre dann die Eintrittskarte in den deliriösen Genusshimmel. Wo sich Zeit und Raum auflösen und einem das Gefühl von Schwerelosigkeit fühlen lassen. So man zu diesem Zeitpunkt nicht bereits tiefenentspannt auf der Couch läge. Kostet um die 40 bis 45 Euro, je nach Bezugsquelle. Jeden Euro wert, vor allem weil es günstiger als jedes noch so billige Flugticket ist.

Tipp: Zwei Stunden in die Karaffe damit, besser drei. 16-18º sind empfehlenswert, nicht wärmer werden lassen. Zu Wild, zu Rind, zum BBQ und allem was gut gegrillt vom Rost oder aus der Pfanne kommt. Ohne alles genossen ein Wein für gewisse Stunden, in denen man der Welt einfach entfliehen möchte.

Einen Bericht über den Merlot m lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Merlot ‘m’ 2012 von Uwe Schiefer aus Welgersdorf im Südburgenland, Österreich.

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Kategorie: Uwe Schiefer, Verkostet

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