Macvin 2012 rouge
Süsse Sünde aus der Hexenküche
Man muss von diesem Stoff gekostet haben um zu wissen wie das mit der Sünde wirklich ist.
Winzer/Weingut: Stéphane Tissot, Montigny-les-Arsures, Jura, Frankreich.
Lage/Herkunft: Von Kalkmergelböden, aus biodynamische Bewirtschaftung.
Allgemeines: Seit Jahren trinke ich seine Weine, ich liebe sie einfach und bin ihnen schlichtweg verfallen. Jedesmal wieder freue mich auf jede neue Flasche, die ich von ihm in die Hände bekomme. Die Rede ist von Stéphane Tissot, der als Winzer zu den einflussreichsten, eigenwilligsten und avantgardistischsten Frankreichs zählt. Fast alles was er im Programm hat habe ich bereits getrunken, heute aber steht unter dem Motto Süsswein einmal anders etwas ganz besonderes am Tisch der Wahrheit; sein Macvin rouge 2012. Macvin ist ein Mistelle, ein sogenannter Likörwein, welchem, solange der Traubensaft noch unvergoren ist, Tresterbrand zugesetzt wird. Danach wandert alles zur Reifung ins Holzfass und was am Ende rauskommt hat wunderbare cognacartige Noten. Ich hatte vor Kurzem das delikate Vergnügen, einen kleinen Schluck von diesem Zaubertrank kosten zu dürfen und freue mich deshalb wie ein Schneekönig auf das eine oder andere Glas das ich mir jetzt genehmigen darf. Das Vergnügen kann beginnen.
Im Glas: Violettes Rot strahlt aus dem Glas heraus.
In der Nase: Der Duft trotz aller Intenstität überraschend fein. Ein Berg vom frischen dunklen Waldbeeren dampft mir entgegen, etwas Erde ist dabei. Granatapfel und Pflaumen spielen im Hintergrund herum und eine freche Prise Anis sorgt für eine süsse Würze in der Nase. Über allem schwebt eine feine grüne Kräuterwolke und man denkt an Hexentrank wenn sich der Macvin rouge verführerisch die Nasenflügel hoch arbeitet.
Im Mund: Uiuiui ist das köstlich. Das ist sogar superköstlich! Reife rote Waldbeeren, dicke fette schwarze Kirschen und ein paar Rosinen machen sich als erste auf der Zunge bemerkbar. Danach tritt eine erdige Würze aus dem Saft hervor, bringt Struktur in den Macvin und während man augenblicklich diesem süssen Extrakt verfällt, bemerkt man wie vom Gaumen Kakao und Schokolade abfallen. Das ist Sünde pur, das tropft wie die Füllung aus einem Mon Chéri und ist mindestens genauso, wenn nicht noch verführerischer. Wer aber glaubt nur süss im Mund zu schmecken, irrt gewaltig, weil die durchaus rauchig-schokoladige Würze einen phantastischen Gegenpol darstellt, welcher sich bis in den ebenso rauchigen wie endlos langen Nachhall durchzieht.
Was ist das für Hexenzeug! Man schmeckt den Alkohol zwar, doch ist dieser von einer Fruchtsüsse und einem Tanninkleid eingehüllt, dass man ihn bestenfalls ganz kurz im Mund spürt und ihn sogar als nett und witzig empfindet. Die wahre Überraschung ist aber, dass dieser “Likörwein” alles andere als dick oder üppig ist. Der Macvin ist trotz aller sündhaften Süsse ein feiner Wein, fast schlank für das was er an Alkohol mit sich führt. Die 17 PS merkt man nicht wirklich, vielmehr fühlt sich der Tropfen ungewöhnlich leicht im Mund an. Zuerst ganz viel Geschmack und Konsistenz auf der Zunge, danach viel Schokolade und roter Rauch am Gaumen. Es hört nicht auf zu wirken und man ist seligst benebelt von diesem Zaubertrank.
Resümee: Ich bin verzaubert von diesem wunderbaren Aromenspiel. Von den Pflaumen die mit den Beeren tanzen, von den Rosinen die sich in der Schokolade eingenistet haben und vom zarten Rauch der über meinen Gaumen zieht. Während sich die Zunge wie ein Wildschwein in der Pfütze suhlt. Nur dass das hier nach reifen roten Früchten schmeckt und erheblich eleganter ist. Die Krönung aber ist und bleibt der Abgang wo sich alles wieder trifft und gemeinsam für ein Weinerlebnis allererster Güte sorgt. Ich hör´ die Hexe in ihrer Küche lachen und nehme noch einen Schluck von ihrem Elixier zu mir. Und wenn es draussen gar zu kalt wird nehm´ ich einen grossen Schluck davon und wärme mich von innen mit dieser süssen Sünde. Man muss von diesem Stoff gekostet haben um zu wissen wie das mit der Sünde wirklich ist.
Tipp: Am besten gut gekühlt zu Ziegenkäse, reifem Comté oder Bergkäse geniessen. Oder zu Datteln im Speckmantel, zu Schoko-Kirschkuchen und ebensolchen Torten, oder als Aperitif. Einfach sündig gut.
Einen Bericht über den Macvin lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein Macvin rouge 2012 von Stéphane Tissot aus Montigny-les-Arsures im Jura, Frankreich. Bezugsquelle: K&U Weinhalle, Nürnberg.
Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet