Le Blanc du Mas Jullien 2010

| 27. August 2014 ...alles

Wein zum Weinen. Vor lauter Freude.

Vernichtet sich von selbst, zwingt einen ihn zu vernichten. Grandioses Kunstwerk für Leute die sich über den Tellerand zu lehnen trauen.

Winzer/Weingut: Mas Jullien, Jonquières, Languedoc-Roussillon, Frankreich.

Lage/Herkunft: Von Kalkmergelböden rund um Jonquières im Languedoc-Roussillon.

Mas Jullien 2010 Flasche/Etikett: Turmhoch ist das in vanille gehaltene Etikett das auf der Flasche klebt. Ganz oben in einer Art Bilderrahmen ist eine Zeichnung von Blättern und Blüten angebracht und unterhalb in saftigem grün der Name des Weinguts Mas Jullien in Schreibschrift aufgedruckt. In etwas blasserem grün steht in Grossbuchstaben Pays d’Herault in der Mitte als Herkunfstbezeichnung und darunter IGP (Indication Géographique Protégée), was diesen Wein als Landwein ausweist. Der Jahrgang unterhalb wieder in sattem grün und am unteren Teil des Etiketts nur noch die Adresse des Weinguts sowie Inhalt und Umdrehungen. Das war’s dann auch schon an Information, mehr gibt es über den Wein nicht zu erfahren. Was in der Flasche drin ist weiss man, kann man raten oder man lässt sich einfach überraschen. Das steht nämlich nicht darauf und auf ein Rückenetikett wird komplett verzichtet. Für eine halbe Stunde kommt der Le Blanc du Mas Jullien zur Akklimatisierung in die Karaffe um dann zu zeigen, was es mit seinem Status als Kultwein so auf sich hat.

Im Glas: Gelb wie Heu mit zarten grünlichen Reflexen strahlt der Le Blanc du Mas Jullien aus dem Becher raus.

In der Nase: Äusserst zurückhaltend ist er in der Nase und gibt nur widerwillig einen Hauch von Duft frei. So gut wie nichts kommt da, und das was da ist, ist verdammt wenig was an Aromen identifizierbar ist. Am ehesten riecht man weisse Blüten, vorerst. Erst nach einer knappen Stunde macht er auf und zeigt Aromen von nassem Stein und von alles dominierenden frischen Wiesenblüten. Erst jetzt kommt Würze auf im Glas und pinselt damit weich und dezent die Nasenwand ein. Letztlich tut sich auch nach neunzig Minuten nicht allzuviel in der Nase, was umso mehr auf das was dann im Mund gezeigt wird neugierig macht.

Im Mund: Würzig, phenolisch, weissblütig und hocharomatisch macht sich der Le Blanc du Mas Jullien auf der Stelle im Mund breit. Was für ein Erlebnis! Auf der Zunge nasser Stein, mildes Salz, die Würze einer ganzen Wiese und eine Wagenladung weisser und gelber Blumen. Knochentrocken, dicht, komplex und derartig animierend, dass man unweigerlich mit der Zunge schnalzt und schmatzt als wäre man alleine auf der Welt. Es fühlt sich ungemein dicht an und löst sich augenblicklich am Gaumen in einem edel-herben Nebel auf, entlädt dort einen ganzen Muldenkipper an weissem Blütenstaub, lässt einen Gerbstofffilm ablaufen der so sexy wie verzaubernd ist und schiesst mit einer würzigen Aromatik die Kehle runter, als gäbe es kein morgen. Heublume, Dotterblume, Butterblume und was sonst noch alles im Botaniklexikon steht, jede Menge Stein und weisse Aromatik. Nur eines nicht; Frucht. Sie suchen Fruchtaromen? Die gibt’s ums Ecke beim Obsthändler. Hier wird man in hundert Jahren nicht fündig. Und das ist gut so.

Immer runder, immer weicher, fast schon cremig wird der Le Blanc du Mas Jullien an der Luft und dabei auch immer weisser in seiner Aromatik. Fast beängstigend die Würze die er über die Zunge wie auch über den Gaumen vor sich her treibt. Unheimlich lange, trotz seiner Rasse und seiner ausgeprägten Phenolik frisch und total süffig. Der Wein fordert, neckt, verzückt, begeistert. So man auf Frucht verzichten kann, und will. Soviel Frische aus dem heissen Roussillon, unglaublich. Mit seiner dichten wie auch komplexen Struktur spürt man ihn mehr im Mund als man ihn schmeckt. Es ist ein Gefühlserlebnis, das erst im zweiten Anlauf geschmacklich erfasst wird. Der nasse Stein der sich im Meer von weissen und gelben Blüten tummelt verleiht dem Wein seine griffige Ader, die Herbheit fühlt sich saftig an und die weisse Würze trocknet alles wieder augenblicklich auf.

Resümee: Würde der Le Blanc du Mas Jullien auf einer Menükarte stehen, so würde sich das wahrscheinlich wie folgt lesen: “Potpourri von Butter-, Heu- und Dotterblumen in milder Salzkruste an feinem Kalkstaub, garniert mit frischem Wiesengras und Löwenzahn”. Es fühlt sich an als würde man im Regen stehen, den Duft des nassen Schotters und die dampfenden Düfte der Wiese einatmen, alles spüren und schmecken, sich an dieser Frische erfreuen und völlig vergessen, dass es so etwas wie Birnen, Äpfel, Ananas und Stachelbeeren gibt. Man amtet, schmeckt und fühlt die Natur im Mund und erkennt, dass einem soeben das Wort kultig eingefallen ist. Ein Wein zum Weinen, vor lauter Freude. Für jene die wissen wovon ich rede nachvollziehbar, für die die ohne Obst nicht können der totale Supergau. 28 Euro kostet Kult á la Olivier Jullien. Trinken tut er sich wie die 4,90 Euro ‘teure’ Feierpulle. Vernichtet sich von selbst, zwingt einen ihn zu vernichten. Grandioses Kunstwerk für Leute die sich über den Tellerand zu lehnen trauen.

Tipp: Eine Stunde Luft steht ihm perfekt. Danach wächst und wächst er stetig. 10-12º sind ideal. Vegetarisches, Fischiges und weisses Fleisch liebt er. Für mich persönlich ein Wein für ohne alles. Einfach zum Geniessen und zum Fliegen. Ganz ganz grosses Kino!

Einen Bericht über den Le Blanc du Mas Jullien lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Le Blanc du Mas Jullien 2010 von Mas Jullien aus Jonquières im Languedoc-Roussillon in Frankreich. Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle zur Verfügung gestellt.

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Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet

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