Lange Ohn 2012 Blaufränkisch

| 24. April 2016 ...alles

Blaufränkisch, der das Leben liebt

Kühl, frisch und fein, sowie ein Trinkfluss, wo man schon sehr viel Selbstbeherrschung braucht um die Flasche nicht auf einen Satz zu leeren.

Winzer/Weingut: Weingut Harrer, Neusiedl am See, Burgenland, Österreich.

Lage/Herkunft: Von der Lage Lange Ohn mit kalkhaltigen Böden.

Lange Ohn Allgemeines: Back to Burgenland. Und zwar zu einer der wohl unbekanntesten Lagen rund um den Neusiedlersee, der Lange Ohn. Die Lage mit dem ungewöhnlichen Namen liegt hinter Jois und zieht sich ewig lang den Hügel hinauf, deshalb auch der Name Lange. Das Ohn dürfte sich von Atem ableiten, weil man diesen braucht um auf ihren “Gipfel” zu gelangen. Peter Harrer nennt sie seine “Herzenslage” und baut darauf Welschriesling, Pinot Noir und Blaufränkisch an. Und sein Blaufränkisch Lange Ohn 2012 steht heute hier am Tisch der Wahrheit. Peter Harrer bewirtschaftet seine Weingärten biodynamisch und ist seit 2012 Demeter zertifiziert. Sein Blaufränkisch Lange Ohn wurde spontanvergoren, im Barrique-Fass ausgebaut und ohne sonstige Eingriffe sich selbst überlassen und nur minimal geschwefelt. Ich stelle den Lange Ohn jetzt erst einmal für eine Stunde im Dekanter auf die Seite und schaue dann, wie sich der Tropfen von den kargen Böden Peter Harrers “Herzenslage” präsentieren wird.

Im Glas: In kräftigem rubinrot steht der Lange Ohn im Glas.

In der Nase: Die Aromatik in der Nase wird eindeutig von etwas Sauerkirsche und ganz viel Würze dominiert. Ein Schuss schwarze Johannisbeere blitzt dahinter auf, es fühlt sich frisch und neckisch an im Riechorgan. Überraschend leicht und fein wirkt alles, weil sich die Sauerkirsche gar so druckvoll in den Vordergrund drängelt. Die Unterfütterung mit Würze verleiht dem Duft einen erdigen Charakter und auch das trockene Geäst fügt sich sehr schön in das Gesamtbild ein.

Im Mund: Weich und mild fühlt sich der Lange Ohn im Mund an. Auf der Zunge spürt man feines wie auch mürbes Tannin abfliessen, merkt wie sich die Sauerkirsche in ihrer wohl sanftesten Form auf ihr absetzt. Danach setzt nur mehr Würze ein. Pfeffer, Staub und trockene Zweige vermischen sich zu einem äusserst erdbetonten Geflecht. So haftet sich der Lange Ohn dann auch am Gaumen an. Im Hintergrund ganz leicht der Holzeinfluss zu spüren, etwas cremig, etwas vanilleschokoladig. Darüber aber steht das Aroma reifer Sauerkirsche, die für eine kecke, spritzig-fruchtige Mundbespassung sorgt. Alles eingetaucht in ein Tanninkleid, dem man sich ergeben muss und das auch richtig Haftung aufbaut. Der Abgang würzig, zart rotfruchtig und sehr erdig.

Was mich persönlich fasziniert am Lange Ohn ist seine ausgeprägte Gerbstoffstruktur in Verbindung mit der relativ hochpulsigen Säure. Diese “heizt” der Sauerkirsche noch einmal zusätzlich ein, während das Tannin sich mit der erdigen Würze vermählt und so einen resoluten Konterpart schafft. Beide zusammen treiben sich gegenseitig hoch und das spürt man letztlich auch im Mund. Fast schmeckt man am Gaumen mehr die Frucht und spürt auf der Zunge das Tannin, was in der Regel eher umgekehrt ist. Dabei sind die Gerbstoffe überhaupt nicht adstringierend, trocknen nicht auf, sondern ergänzen sich sehr harmonisch mit der Kirschfrucht. Fruchtig-rot rieselt alles fein vom Gaumen ab und man wünscht sich, dass sich das bis zum letzten Glas nicht ändern möge. So macht Tannin Spass, so dürfen Gerbstoffe durchaus in der Überzahl sein.

Immer stärker arbeitet sich mit Zeit und Luft Kalk an die Oberfläche durch. Es wird immer trockener, ohne dabei jedoch an Saftigkeit zu verlieren. Die Sauerkirsche dreht immer mehr in den Hintergrund ab, während sich die Würze immer dominanter als Kommandant im Mund bemerkbar macht. Der Lange Ohn wird schlanker auf der Zunge, gerader und klarer, während nicht ein einziges Tanninkorn auch nur gewillt ist sich verdrängen zu lassen. Der Wein entschlackt sich irgendwie von selbst, schält sich immer mehr aus seinen Schichten raus und präsentiert sich am Ende knackig, druckvoll wie auch äusserst lebhaft im Mund. Es fühlt sich kühl an, frisch und fein. Mit gerade so viel Frucht, dass man sie schmeckt unter all der ausgeprägten Würze, hat der Lange Ohn dazu noch einen Trinkfluss, der einen ganz schön zur Selbstbeherrschung zwingt.

Resümee: Feiner Kalk, zarte Frucht, enorme Würze, agile Säure, rasanter Trinkfluss … Herz, was willst du mehr? Blaufränkisch, der das Leben liebt. Ich mag ihn auch sehr viel.

Tipp: Eine Stunde in der Karaffe sollte man ihm gönnen. Dann eher kühl, mit 14-16º geniessen. Geht zu BBQ, zur rustikalen Brettljause, zur Hausmannskost, zur Pasta und zum fetten Steak. Sogar als Solist einer, dem man sich nur schwer entziehen kann.

Einen Bericht über den Lange Ohn lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Lange Ohn 2012 Blaufränkisch vom Weingut Harrer aus Neusiedl am See, Burgenland, Österreich. Bezugsquelle: 225 Liter-Handverlesene Weine, München.

Tags: , , , , , ,

Kategorie: 225 Liter, Verkostet

Keine Kommentare erlaubt