Grifalco 2009 Aglianico Vulture
Resolut & fordernd.
Kein weichgebügelter Italiener der sich unterwürfig dem Mainstream anpasst. Resoluter Tropfen der unweigerlich heftige Kochreflexe auslöst.
Winzer/Weingut: Grifalco della Lucania, Venosa/Potenza, Italien.
Lage/Herkunft: Von unterschiedlichen Gegenden der Region Vulture in Venosa, Ginestra und Maschito.
Flasche/Etikett: Völlig konträr zum farblich so impactstarken Etikett des Gricos, welches in knalligem gelb und schwarz die Flasche zierte ist jenes, das auf der Flasche des Grifalco klebt. Fast feminin in seiner weichen Farbgestaltung prangt der auf crémefarbigen Hintergrund gross in hellem blau und altrosa gestaltete Falke. Darunter GRIFALCO in gold gerahmten weinroten Grossbuchstaben aufgedruckt. Die Herkunft unten drunter und am untersten Rand des Stück Papiers eine goldene Bordüre mit ebenso in zartem altrosa stilisierten Weingärten. Am Rückenetikett erfährt man wieder alles Wissenswerte über den Wein wie Herkunft und Lage sowie den Hinweis darauf, dass der Grifalco aus 100% Aglianico besteht. Bevor wir den Falken aus der Basilikata in die Gläser lassen wird er in die grosse Karaffe umgefüllt. Dort darf er für eine Stunde im Kreis fliegen und sein Federkleid mit Sauerstoff anreichern.
Im Glas: In sattem, dichten rubinrot macht sich der Grifalco im Glas breit. Dunkel im Kern blitzt er mit feinen kirschroten Rändern aus selbigem heraus.
In der Nase: Sehr mineralisch duftet es in der Nase, leichte florale Noten wehen mit und ein Topf voll saftiger roter Beerenfrüchte steht daneben. Es riecht nicht übermässig intensiv, wirkt fast verhalten, rücksichtsvoll. Da schreit nichts aus dem Glas heraus oder versucht sich aufzudrängen. Alles wirkt ruhig, rund und richtig elegant. Trotzdem ist alles herzhaft saftig, sogar fleischig. Es wird interessant zu beobachten wie sich der Grifalco mit zunehmender Luft verändern wird. Denn das wird er mit Sicherheit tun.
Im Mund: Urplötzlich, sowie der Grifalco auf der Zunge angekommen ist, packt er zu. Herzhaft, kräftig, mit charmanten, aber doch sehr präsenten Gerbstoffen und einer ebenso generösen Säure. Der Wein lebt, drängt nach vorne, nimmt die Zunge in Beschlag, fordert sie und zeigt was Sache ist. Es fühlt sich alles weit mehr mineralisch im Mund als fruchtig an. Und doch ist da fester Saft zu spüren, begleitet von einer eindrucksvollen Würze, süssen Tanninen und mit viel Charakter. Wer jetzt glaubt der Wein muss dick und fett sein irrt gewaltig. Trotz seines richtig druckvollen Auftritts ist er realtiv schlank im Mundgefühl, ist frisch, hat Länge und zieht kerzengerade über die Zungenmitte. Nichts wird breit und langweilig, der Wein pulsiert im Mund, neckt mit seiner Würze, kühlt die Wangen und verabschiedet sich in einer resoluten Wolke aus Mineralität und süssen Gerbstoffen, um danach noch lange am Gaumen haften zu bleiben.
Wie schon beim Gricos sehr deutlich aufgefallen, ist auch der Grifalco kein ‘typischer’ Italiener so wie man ihn kennt und gewohnt ist. Er ist intensiver, frischer, aktiver und insgesamt herzhafter. Er wirkt rustikaler ohne aber rustikal zu sein, ist einfach kräftiger ohne deswegen im eigenen Alkohol zu ertrinken. Auch wenn er mit seinen 14% kein Federgewicht ist. Davon spürt man aber nichts im Mund. Nach zwei Stunden wird der ‘Falke’ runder, schlägt weicher mit seinen Flügeln. Alles wirkt sanfter, hat aber nichts von Kraft eingebüsst. Es wirkt runder, ohne aber die charaktervollen Ecken abgenutzt zu haben. Die Zunge hat sich an seine intensive Würze gewöhnt, sich mit ihr angefreundet und der Gaumen jubelt sowieso ob dieser mineralischen Dichte die der Grifalco so ganz nebenbei an ihm abstreift bevor er sich den ‘Hang’ hinunter stürzt. Das ist der ideale Zeitpunkt um die Küche anzuwerfen, denn dort gehört der ‘Vogel’ hin. Zu frischem Futter, das aus mehr als Pasta und Sangiovese besteht. Deshalb wird was Fleischiges gebruzzelt um mit diesem wirklich bemerkenswerten Tropfen mithalten zu können.
Resümee: Der Grifalco löst Kochreflexe aus und ist fast zu schade um ohne ‘Begleitung’ vernichtet zu werden. Obwohl… er macht als Solist genauso Spass! Die 12-14 Euro die der ‘Falke’ kostet sind allemal ein fairer und auch werter Preis. Toller Wein, tolle Qualität, tolle neue Erfahrung und deshalb mehr als ein ‘Geheimtipp’. Ein Italiener für die wahren Küchenkünstler sozusagen.
Tipp: 1-2 Stunden im Dekanter sind fein. Bei 16-18º macht der Wein vor allem zu Gebratenem, Gegrilltem und auch zu herzhafter und deftiger Regionalküche beste Figur. Wollen Sie ihn einfach kennenlernen trinken sie ihn solo. Grosser Genuss!
Einen Bericht über den Grifalco lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein Grifalco 2009 Aglianico Vulture von Fabrizio Piccin und Cecilia Naldoni von der Grifalco della Lucania in Venosa in der Region Potenza, Italien.