Grêle rouge 2012 Côtes de Provence
Ein Wein mit einem Grinsen im Gesicht.
Der totale Spasswein als Antwort auf die verheerenden Hagelschäden. Leichter, eleganter und süffisanter kann man darauf keine Antwort geben.
Winzer/Weingut: Raimond Villeneuve, Château de Roquefort, Roquefort la Bédoule/Provence, Frankreich.
Lage/Herkunft: Von ‘gespendetem’ Lesegut 35 Winzer von der Provence bis zur nördlichen Rhône.
Flasche/Etikett: Das Etikett das die Burgunderflasche verschönt ist bis auf den letzten Strich (ausgenommen was die ‘Farbe’ des Weines betrifft) ident mit dem des Grêle rosè. Auch hier sind in knallrot alle Logos und Namen jener Winzer und Weingüter aufgedruckt, die Raimond so uneigennützig unter die Arme gegriffen und ihm Teile ihres Leseguts gespendet haben, um überhaupt noch einen Wein keltern zu können. Es ist ein einziges, riesengrosses Dankeschön an diese Menschen. Gestaltet (kostenlos) von der österreichischen Designerin Cordula Alessandri sind alle Namen und Logos derart chaotisch aufgedruckt, dass es das Chaos das der Hagel hinterlassen hat perfekt widerspiegelt. Am äusseren Rand des Etiketts stehen alle 35 Namen brav geordnet angeführt und auch eine kurze Geschichte über die schlimmsten 7 Minuten ist in englisch und französisch zu lesen. Bevor der Grêle rouge 2012 aber zum Finale in die Gläser kommt, darf er für eine Stunde Wiener Luft schnuppern.
Im Glas: Rotblauviolett zeigt sich der Grêle rouge im Glas. Sehr hell ist er, man sieht fast durch ihn durch und ebenso bis auf den Grund des Glases.
In der Nase: Im Duft ist er superfrisch, genauso leicht und feinste Würze umspielt die rotbeerigen Fruchtaromen. Saftig fühlt es sich in der Nase an, man riecht reife Himbeeren, knallrote Johannisbeeren, ein wenig weissen Pfeffer und sogar leicht florale Noten nimmt man wahr. Es ist ein femininer Duft, leicht, schwebend und eine gewisse feinmaschige Charakteristik versprühend. Der Grêle rouge macht neugierig auf das was er im Mund zeigen wird.
Im Mund: Frisch, säurebetont, gerbstoffbeschichtet und würzig-fruchtig kommt der Grêle rouge auf die Zunge. Er ist sehr schlank, von leichtem bis mittlerem Körper und mit einer Gerbstoffstruktur ausgestattet die weder rieselt noch raschelt, sondern sich in einer feinen herben Note widerspiegelt. Doch kaum spürt man diese mischt sich frech die ‘Fruchtbande’ ein und setzt ihre roten Aromen von Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren und sonstigem roten Gesocks frei. Eine feine Würze hat man mit ins Boot gelassen damit es nicht nur banal fruchtig wird und so darf sich auch diese ein wenig breit auf der Zunge machen. Insgesamt ist es aber ein frisches Gefühl, ein sehr leichtes, wie schon im Duft ein eher feminines Erleben das der Grêle rouge beschert. Ein mehr als schlanker Wein der ebenso schlank im Mund steht. Geht so wie er sich beim ersten Glas zeigt glatt als Erfrischungsgetränk mit etwas Alkoholgehalt durch. Der Tropfen ist frech, verspielt, lustig und kindlich unbekümmert. Einfach liebenswert.
Das äusserst spannende am Grêle rouge ist, dass er keine ‘wirkliche Identität’ hat, sich vielmehr als das im Mund präsentiert was er ist; eine Potpourri aus unzähligen unterschiedlichen Lagen aus unterschiedlichen Regionen. Nichts was sich in den Vordergrund drängt und doch alles vorhanden, nichts was aus der Reihe tanzt, sondern sich mit allen Protagonisten vorbildlich arrangiert. Eine einzige Freude im Mund, nichts gehaltvolles, nichts dramatisches, einfach Unbeschwertheit und Leichtigkeit. Die Zunge freut sich über die Feinheit und die rote Fruchtigkeit, der Gaumen dankt für einen Schuss Herbheit den er aber ohne weitere Anstrengung sofort wieder vergisst, der gesamte Mundraum sagt ‘Danke’ für die schlanke Eleganz und wenn der Tropfen sich endgültig verabschiedet hat will man sofort mehr von ihm. Der Grêle rouge ist der totale Spasswein, auch wenn nichts von Spass zu seiner Entstehung beigetragen hat. Umso erstaunlicher ist die Interpretation der Katastrophe. Fast wie zum Hohn, als würde man darüber lachen, sich mit dem Tropfen gegen das ganze Chaos ‘wehren’, das trotz allem nicht verhindern konnte einen Wein entstehen zu lassen.
Resümee: Es ist der wohl leichteste, schlankeste und feingliedrigste Wein den Raimond de Villeneuve jemals aus dem Bottich gezaubert hat, ausser dem Les Mures 2010, aber den gibt es leider nicht mehr. 13,5% sind zwar drin, fühlen sich aber als weniger an, der schlanke Körper lässt den Wein noch um eine Kleidergrösse kleiner erscheinen und vom Mundgefühl her hat man nie das Gefühl irgendwann ‘satt’ zu werden. Die säurebetonte Frische und die erfrischende Fruchtigkeit in Kombination mit der feinen Würze machen den Tropfen zu einem perfekten Luft- bzw. Gaumenbefeuchter. Mit dem Grêle rouge und der Unterstützung von 35 Winzerkollegen hat Raimond de Villeneuve den Auswüchsen der globalen Wettererscheinungen auf eindrucksvolle Art und Weise seine ganz persönliche Antwort gegeben und einen Wein mit einem frechen Grinsen im Gesicht aus dem Köcher gelassen.
Tipp: Eine Stunde in der Karaffe ist okay, geht auch weniger. Um die 16º geniessen, auch kühler ein Genuss. Küchentechnisch zu sommerlichen Fleisch- und Gemüsekreationen passend, als Solist ein wahrer Spassbolzen.
Einen Bericht über den Grêle rouge lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein Grêle rouge 2012 vom Château de Roquefort in Roquefort la Bédoule in der Provence, Frankreich.
Kategorie: Château de Roquefort, Verkostet