Goldmuskateller ‘Fassprobe’ 2010
Eine echte Rarität.
Nur 260 Flaschen á 0,375 Liter werden von diesem Wein im April/Mai dieses Jahres abgefüllt. Mehr geben 100 Liter ‘Gesamtausbeute’ nicht her. Wir haben 1,5 Liter davon als Fassprobe schon vorab verkostet.
Winzer/Weingut: Weingut Andreas Tscheppe, Leutschach/Steiermark, Österreich.
Lage/Herkunft: Von Weingärten mit Opokböden an der slowenischen Grenze in der Südsteiermark.
Flasche/Etikett: Wie auf den ersten Blick sofort ersichtlich, gibt es über die ‘Erscheinung’ dieses Weines noch nicht viel zu sagen. Es gibt noch kein Etikett, alles was auf dieser grünen Bordeauxflasche klebt ist ein weisser, lediglich mit der Hand beschrifteter Kleber mit ‘Fassprobe aus 2010 Goldmuskalteller’. Auch gibt es hier noch keinen Korken, sondern nur einen Drehverschluss.
Bevor wir diesen Wein den es noch gar nicht auf dem Markt gibt testen, kommt er in die grosse Karaffe und darf dort fürs Erste einmal zwei Stunden Sauerstoff aufnehmen und sich entsprechend öffnen. Danach wird er wie alle bisher verkosteten Weine der Wertegemeinschaft Schmecke das Leben über zwei Tage hinweg Glas für Glas verkostet. Ebenso wie üblich, werden wir dazu die grossen Burgundergläser nehmen um dem Wein soviel Atmungsfläche wie nur möglich zu gewähren.
Im Glas: In sattestem goldgelb und damit seinem Namen Goldmuskateller alle Ehre machend, steht der Tropfen im grossen Burgunderkelch. Hellgelb im Kern und sattes gold an den Rändern. Der Wein ist ganz leicht getrübt, sieht aus als hätte man vergessen ihn zu polieren und fein heraus zu machen.
In der Nase: Steckt man die Nase in den Kelch schreit alles was die Rebsorte Goldmuskateller ausmacht laut aus selbigem heraus. Intesiv, konzentriert und kräftig riecht man die Muskatnuss und atmet diesen Duft bis in den letzten Winkel seines Riechorgans ein. Es dampft förmlich vor frischem Saft und einer feinen Gewürznote, man spürt wie druckvoll der Duft die Nase hochzieht und wie frisch sich alles anfühlt. Fast schwindelerregend fühlt sich dieses ausgeprägte Muskataroma an weil es so dicht und konzentriert ist. Neben aller ausgeprägten Muskatellerwürze steht der Geruch von Steingeröll und Schotter was dem Tropfen eine ausgesprochen animierende Mineralität mitgibt.
Im Mund: Der erste Eindruck den der Goldmuskateller hinterlässt wenn er über die Lippen zieht ist weich, mild und cremig. Der Zweite; was für eine feste, frische Säure! Man spürt wie sich der Wein augenblicklich an der Innenseite der Wange festsetzt und dort auf die Säuretaste drückt, richtig zupackt um dann aber weich und rücksichtsvoll wieder zu verschwinden, genauso wie er gekommen ist. Übrig bleibt konzentrierter Geschmack von Muskatwürze, eingepackt in knackigstem Säuremantel und ein kalkig-lehmiger Film am Gaumen. Beim zweiten Schluck gehört die volle Aufmerksamkeit seinem Verhalten auf der Zunge und man spürt wie der Wein ganz am Ende seine Säure über die Zungenränder abfliessen lässt. Ein schaurig-schönes Gefühl das von dichtem wie auch fruchtigem Saft begleitet wird. Bei all dem wirkt der Wein leicht, legt kein Gewicht auf und fühlt sich feingewirkt an.
Man spürt was zirtusfruchtiges im Hintergrund, man atmet während man das Glas ansetzt die Muskatnuss schon im Vorfeld ein, um sie im Anschluss richtig zu erschmecken. Trotz ausgeprägter Säure und frischer Frucht geht die mineralische Note nicht unter, vielmehr steht sie erfrischend kühl daneben und rundet den fruchtig-würzigen Auftritt des Goldmuskatellers elegant ab. Mit zunehmender Luft vermengt sich alles fester miteinander, wird mehr zu einem Ganzen und man merkt wie sich Frucht, Würze und Mineralik immer mehr annähern um sich auf die grose ‘Fusion’ vorzubereiten. Doch noch tänzelt die Säure auf der Zunge auf und ab und lässt einen ob ihrer frechen Art mit der Zunge schnalzen. So wie sich das erste Glas entwickelt hat, sollte das zweite bereits wesentlich mehr von Mineralik dominiert sein. In sechs Stunden werden wir es wissen.
Sieben Stunden später, am Abend, wird zum zweiten Mal das Glas gefüllt. Was sofort auffällt ist, dass sich die Muskatellernote die zu Mittag förmlich herausgesprungen ist zurückgezogen hat. Sie steht nun als gleichwertiger Partner einer ausgeprägten Mineralität im Glas und bildet eine frische, steinig-kühle Duftsymbiose. Alles ist runder, weicher, leiser geworden. Im Mundraum fühlt sich plötzlich alles butterweich an, fast cremig, die freche Säure hat Waffenstillstand mit der Würze geschlossen und harmoniert jetzt perfekt mit der Muskatnuss ohne an den Zungenrändern frech zu ‘pieksen’. Es ist ein anderer Wein der sich jetzt zeigt. Er ist facettenreicher, hat mehr Kontur und auch mehr Körper, fühlt sich voll im Mund an und beschlägt weich und warm den Gaumen. Man spürt jetzt den Boden viel stärker hervor treten und man fühlt dieses feine lehmig-kalkige den Rachen hinuter ziehen. Um sich am Ende in einer ebenso feinen, nicht übermässigen Fruchtigkeit und sanfter Würze aufzulösen und noch lange am Gaumen haften zu bleiben. Der Goldmuskateller wirkt als hätte er seinen glänzenden Mantel abgestreift um sich in seiner vollen Nacktheit zu präsentieren und jeden Millimeter seines Körpers unverhüllt zu zeigen. Wir trinken später noch einen kleinen Schluck und lassen uns morgen vom Rest der in der Karaffe ist überraschen.
Zweiter Verkostungstag
24 Stunden später kommt der Rest des Goldmuskatellers ins Glas, um zu zeigen wie er sich über Nacht entwickelt bzw. verändert hat. Farblich ist er ein wenig klarer geworden und in der Nase wirkt er harmonisch, ausbalanciert und in sich ruhend. Die Muskataromen haben sich noch wesentlich intensiver mit den mineralischen Noten vermengt. Es riecht friedlich im Kelch. Auf der Zunge fühlt sich der Goldmuskateller zwar noch immer relativ würzig an, auch die Säure ist nach wie vor präsent, nur geht jetzt alles unmittelbar in einen von klar definierter Mineralik dominierten Geschmack über. Auch fühlt sich der Wein am Gaumen nur mehr mineralisch an, man meint Lehm und Kalk zu schmecken. Es fühlt sich zwar noch immer weich und rund an, jedoch wirkt alles klarer, präziser und auch ein wenig kühler. Der Goldmuskateller hat an Brillanz gewonnen, ist schneidig im Sinne von strahlend geworden und hat seine Erscheinung irgendwie umgedreht. Die Aromen der Muskatnuss kommen erst im Abgang und im Nachhall wieder kräftiger zum Vorschein, zuvor hat eindeutig ‘der Boden’ das Zepter in der Hand.
Resümee: Trotz seiner relativen Saftigkeit ist der Goldmuskateller herrlich trocken, mild im Mundgefühl und trotzdem klar und scheint auch wenig Volumenprozent zu haben. Sollte er mehr als 13% haben, so haben sich diese bedrohlich gut versteckt und sind in keiner Phase des Genusses spürbar. Im letzten Aufflackern, am Ende des Schluckvorganges, blitzt noch einmal frech die Säure auf, quetscht ihren letzten Saft heraus und verabschiedet sich Hand in Hand mit einer eleganten Würze. Zurück bleibt ein feines, leicht herbes Gefühl im Mund und die Erkenntnis, dass dieser Tropfen locker noch ein paar weitere Tage problemlos in der Karaffe überleben könnte. Für uns ist aber nach 40 Stunden Schluss mit Wein, weil eben nichts mehr da ist. Auch dieser Wein hat uns gezeigt wie anders Wein sein kann, wie einfach es ist Geschwindigkeit aus dem Alltag raus zu nehmen und einmal ein wenig langsamer zu machen.
Tipp: Neugierige geben ihm zwei Stunden in der Karaffe und verfolgen danach gespannt seine Wandlung, Geduldige lassen ihn wenigstens sechs bis sieben Stunden atmen und erleben einen Wein der dann erst richtig aufgeht und sie auf eine spannende Reise mitnimmt. Grosses Kino.
Einen Bericht über den Goldmuskateller lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde eine Fassprobe des Goldmuskateller 2010 vom Weingut Andreas Tscheppe aus Leutschach/Steiermark, Österreich. Das Weingut Andreas Tscheppe ist Mitglied der Wertegemeinschaft Schmecke das Leben.
Kategorie: Schmecke das Leben, Verkostet