Gigondas ‘La Gille’ 2010 AOC

| 15. September 2012 ...alles

Rauer Bursche mit reichlich Kraft.

Kein Wein für zimperliche Naturen. Dafür umso mehr ein Tropfen für Freunde von Saft und Kraft, verbunden mit einem guten Schuss Rustikalität.

Winzer/Weingut: Famille Perrin, Perrin & Fils, Orange, Frankreich.

Lage/Herkunft: Auf Kalkstein, Kalk-Mergel-und Sandböden gewachsene Reben die auf Terrassen gepflanzt sind und in Nordwestlage stehen.

Flasche/Etikett: In der gewohnten Burgunderflasche steht der La Gille am Tisch und auf dem Etikett ist wie schon beim Rasteau auch auf diesem die kleine ‘Festung’ mit dem vor ihr liegenden Weingarten abgebildet. La Gille darunter was die genaue Lage angibt und in Kapitalen GIGONDAS in rot um die Herkunft auch entsprechend hinaus zu posaunen. Herkunft ist alles in Frankreich und so wird sie auch hier eindrucksvoll angekündigt. Insgesamt ein sehr schönes Etikett. Keines das grosses Aufsehen um sich macht, aber trotzdem auffällt und Eindruck hinterlässt.

Wie bei allen anderen Weinen, auch hier am Rückenetikett alle Informationen über die Famille Perrin, den Wein, die Lage und ein paar Degustationsnotizen. Natürlich auch was sonst noch wichtig ist, und da springen einem sofort die 14,5% ins Auge. Wir machen uns also darauf gefasst eine echte ‘Wuchtbrumme’ im Glas zu haben und bereiten uns geistig entspechend darauf vor. Man will ja nicht gänzlich unvorbereitet vom Hammer getroffen werden.

Im Glas: Sehr klar steht der La Gille in leuchtendem rubinrot im Glas. An den Rändern blitzen leicht violette Ränder auf und insgesamt lässt der Wein sehr tiefe Einblicke in sein Innerstes zu.

In der Nase: In die Nase strömen saftige Kirscharomen, Johannisbeeren und Brombeeren. Nicht übermässig würzig, eher verhalten, mischen sich Gewürze und florale Noten darunter und lassen den La Gille äusserst fruchtbetont erscheinen. Mehr mit blumigen Begleitaromen bestückt als mit würzigen. Es riecht reif und saftig, sogar leicht süss. Kein lauter Duft der aus dem Glas springt, sondern einer von der leisen, verhaltenen und rücksichtsvollen Sorte was ihn umso sympathischer macht.

Im Mund: Schon beim ersten Schluck merkt man, ‘jetzt ist Schluss mit lustig’. Kraftvoll kommt der La Gille auf die Zunge, ich würde ihn sogar als rustikal im positiven Sinne bezeichnen. Mit sehr präsenten Gerbstoffen zieht er über die Zunge um sich am Ende in einem knochentrockenen Finale zu verabschieden. Der La Gille lässt seine Muskeln spielen, präsentiert sich dabei aber eher als Mittel- denn als Schwergewicht weil er nicht dick und fett ist, sondern vielmehr mit Frische und Rasse im Mund sein ‘Unwesen’ treibt’. Wir schreiben seine momentane Rustikalität dem Umstand zu, dass wir ihn direkt aus der Karaffe eingeschenkt haben um zu sehen was uns da entgegen hüpft. Wir sind sicher, dass er in der nächsten zeit noch ein richtig runder, saftiger Tropfen wird.

Ohne Luftzufuhr getrunken erlebt man einen ziemlich rauen Burschen im Mund, der, nicht unangenehm, zeigt wie wild und bodengeprägt er eigentlich ist. Nur ganz kurz drückt er auf die ‘Fruchttaste’ und lässt einen reife Kirschen schmecken um gleich wieder Druck auszuüben und seine ausgeprägten Tannine auf Zunge und Gaumen loszulassen. Trotz seiner kräftigen Statur spielt er mit seinen floralen Aromen und täuscht so über seine doch reichlich vorhandene Kraft hinweg.

Nach einer Stunde fühlt sich der La Gille ein wenig fülliger an im Mund, wenngleich er deshalb auch nicht wesentlich mehr Frucht freigibt. Er wirkt ein wenig runder, dichter und in sich geschlossener. Trotzdem bleibt er kräftig, rau und angenehm spröde, wenn man so etwas mag. Er hat Fleisch, das steht ausser Frage, er hat auch Saft und alles was er braucht ist Luft. Nachdem ich am Abend einen zweiten Anlauf unternommen und dem La Gille vor diesem ‘Durchgang’ zwei Stunden im Dekanter gegönnt habe (bis dahin stand er abgepumpt in der Flasche), zeigt er sich nun vollmundig und saftig, Aromen von Schokolade tauchen neben dunklen Beerenfrüchten auf und in der Gesamterscheinung würde ich ihn jetzt als blumig-würzig mit einer zarten rauchigen Note beschreiben. Die Gerbstoffe sind runder geworden aber nicht verschwunden. Sie rieseln jetzt ganz fein über Zunge und Gaumen und sorgen für ein kräftiges Mundgefühl. Kräftig zeigt er sich in der Textur und im Abgang ist er weicher geworden und lässt dabei auch mehr von seiner Fleischigkeit spüren.

Resümee: Insgesamt ist der La Gille ein Wein dem man Zeit geben und vor allem ein wenig genauer ‘zuhören’ muss. Er kann durchaus jetzt schon Spass machen, so man gewillt ist sich entsprechend mit ihm ‘auseinander zu setzen’ und man sich dabei vor einer gewissen Rustikalität nicht schreckt. Ein paar Jahre in der Flasche werden ihn aber sicher zu einem saftig kraftvollen Tropfen reifen lassen der dann mit Frucht, Körper und möglicherweise sogar einer fleischigen Süsse für grossen Trinkspass sorgen wird. Um durchschnittlich 19 Euro gibt es den Gigondas ‘La Gille’ im Fachhandel zu beziehen, was ihn sicher nicht zu einem Alltagstropfen macht. Aber das soll und will der La Gille aus Gigondas ja auch gar nicht sein.

Tipp: Lassen Sie den Wein auf jeden Fall zwei Stunden atmen um eine ‘Ahnung’ davon zu bekommen was Sie ein ein paar Jahren erwarten wird. Bei 16-18º ideal im Glas. Geniessen Sie ihn zu Pilz-, Geflügel- und mediterranen Fleischgerichten.

Einen Bericht über den Gigondas ‘La Gille’ lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Gigondas ‘La Gille’ 2010 von Famille Perrin aus Orange in Frankreich.

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Kategorie: Perrin & Fils, Verkostet

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