Faugères 2010
Inkarnation von Terroir.
40% Syrah, 30% Carignan, 20% Grenache und 10% Cinsault lauetet die Zauberformel für diesen aussergewöhnlichen Wein. Intensiver kann man Terroir fast nicht mehr schmecken.
Winzer/Weingut: Binet & Jacquet, Faugères, Languedoc, Frankreich.
Lage/Herkunft: Von kargen und steinigen Schieferböden in Faugères, welche zu den ältesten Gesteinsformationen Europas (Paläozoikum) zählen.
Flasche/Etikett: Auf der dunklen Burgunderflasche ist ein sehr ansprechendes und einprägsames Etikett aufgebracht. Dieses zeigt neben dem Namen des Weinguts auf einem quietschorangen Quadrat einen in einer einfachen Zeichnung stilisierten Rebstock inklusive Trauben. Tief verwurzelt und symbolisch auf die Gobelet-Reberziehung hinweisend. Als Kontrapunkt im Namen in orange ein x statt einem &, welches letztlich aber ein + darstellen und auf die beiden Winzer Binet und Jacquet hinweisen soll. Unter dem Quadrat FAUGÈRES und der Jahrgang, welcher in unserem Fall aber 2010 und nicht wie auf dem Bild 2011 ist. Das kommt davon wenn man mehr als eine Flasche davon hat und nicht schaut welche man denn aufgemacht hat. Das Etikett ist bis auf den letzten Punkt dasselbe, nur die Zahl ist eben eine andere. Was sich unterscheidet ist der Zusammensetzung des Inhalts, welche sich von Jahr zu Jahr, abhängig von Qualitäten und Erträgen, immer ein wenig ändert.
Der Faugères schreit nach Luft und deshalb füllen wir ihn in den Dekanter um. Zwei Stunden darf er dort seine Runden drehen und wir werden ihn über die nächsten Stunden hinweg beobachten und erforschen.
Im Glas: In dunklem kirschrot steht der Faugères im Glas, ist dicht in der Farbe und schimmert leicht bläulich an den Rändern. Die Glaswand benetzt er vollflächig und fliesst nur langsam davon ab.
In der Nase: Was in der Nase sofort auffällt ist der kühle Duft der die Nasenflügel hochströmt. Es riecht frisch, extrem und beeindruckend mineralisch. Feinste Würze steht daneben. Alles was man von Cuvées solcher Komposition kennt ist enthalten, nur ist alles zehnmal frischer, kühler, brillanter definiert. Fast wirkt der Faugères schlank in der Nase aufgrund dieser kühlen Ader die aus dem Glas strömt. Es riecht ‘blau’ und es riecht… nach Schiefer. Extremer habe ich Schiefer noch nicht gerochen. Was da geboten wird ist einfach umwerfend. Nichts heisses, nichts im Saft stehendes oder von Frucht getragenes, sondern einfach Mineralität pur. Beeindruckend, aussergewöhnlich, einzigartig.
Im Mund: Nach zwei Stunden dann der erste Schluck – und die erste Überraschung. Schmeckt das salzig? Ja, das tut es und dieses Salzige nennt sich schlicht und einfach Mineralik. Verwirrung ist erstmal angesagt. Dann der nächste Schluck um zu realisieren was da abgeht. Dabei merkt man wie sich der Faugères mitten auf der Zunge niederlässt, feinste Würze entlädt und kristallklar dabei ist. Der Wein geht nicht über die Zungenränder ab, er zieht wie auf dem Mittelstreifen der Landstrasse seine Spur, kerzengerade und so frisch, dass man ihn schlichtweg um drei Grad kühler empfindet als er ist. Der Tropfen fühlt sich an wie edelste Seide, ist kühl wie eine Schwertklinge und ebenso präzise und schneidig. Die Zunge ist dermassen verwirrt ob soviel strahlender Brillanz, dass man fast vergisst den Wein am Gaumen zu beobachten. Man merkt erst gar nicht die Aromen von dunklen Oliven und ebensolchen dunklen blauen Beeren die sich zwischen all der umwerfenden Mineralik tummeln, fast ‘überschmeckt’ man sie.
Was dem Faugères fehlt ist diese typische, oft schwer übertriebene Kräutrigkeit wie man sie in Languedoc-Weinen sehr oft findet. Hier wirken jene Kräuter die man wahrnimmt abgekühlt, reduziert und wie mit Stein verrieben. Ich habe selten etwas kühleres, mineralischeres und strahlenderes aus dem Südwesten Frankreichs im Mund gehabt. Der Faugères fühlt sich so klar, so gerade und so schlank im Mund an, wie ich es noch nicht erlebt habe. Über den Gaumen schleicht er frisch und fröhlich drüber, lässt feinste Gerbstoffe erahnen und spüren und spritzt fast schüchtern mit ein wenig Frucht in Form von schwarzen Johannisbeeren um sich. Gäbe es einen roten Bergsee, dann würde dieser wohl Faugères heissen. Man spürt den Saft der in diesem Wein steckt, fühlt aber gleichzeitig wie klar dieser ist. Nichts fettes, plumpes oder fülliges, nur strahlende Reintönigkeit und puristische Einfachheit. Den Faugères muss man fühlen, weil es schwer ist soviel Purismus ausreichend mit Worten zu beschreiben. Der Wein ist dermassen auf den Boden fokussiert und entsprechend definiert, dass man leicht übersieht was er trotzdem alles zu bieten hat. Er fühlt sich an wie jemand der 20 Kilo abgenommen hat und wieder vollfit und rank und schlank im Leben steht. Der sich wieder bewegen kann ohne dass es zwickt und der locker die Treppen in den sechsten Stock hinauf trabt.
Resümee: Mit seinen 13,5% ist der Faugères ein moderater Tropfen, seine kühle Frische täuscht eher 12,5% vor und seine exzessive Mineralik lässt ihn überhaupt fast alkoholfrei erscheinen. Dieser Tropfen ist die Inkarnation von Terroir. Und das ist nur der Basiswein der beiden Winzer Binet & Jacquet. Je länger der Tropfen an der Luft ist, umso klarer definieren sich die würzigen Aromen sowie die wilden Kräuternoten und verbinden sich mit dem Geschmack dunkler Oliven und Johannisbeeren. Es wird alles intensiver, reintöniger und klarer. Nach drei Stunden geht der Wein voll auf, nach vier macht er einfach nur mehr Spass und länger war ihm nicht beschieden. Zu beeindruckend war der gute Tropfen und zu wenig, um sich eines langes Lebens zu erfreuen.
Tipp: Zwei Stunden sollten sie den Faugères atmen lassen. 16-max.18º sind passend. Universeller Begleiter zu Fleischgerichten, Käse und auch Pasta! Solo der wohl erfrischendste Sommerrotwein überhaupt. Macht aber auch im Winter mächtig Spass.
Einen Bericht über den Faugères lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein Faugères 2010 von Binet & Jacquet aus Faugères im Languedoc, Frankreich.
Kategorie: Binet & Jacquet, Verkostet