Ex Vero III 2006

| 27. März 2013 ...alles

Die wahren Abenteuer… sind nicht nur im Kopf.

Unbeschreiblich und überwältigend ist das, was man mit diesem Wein über zwei Tage erlebt. Ganz grosses Mundkino und einfach unvergesslich.

Winzer/Weingut: Ewald und Brigitte Tscheppe, Werlitschhof, Leutschach/Steiermark, Österreich.

Lage/Herkunft: Von Opok/Kalkmergelböden aus steinigem Untergrund, gemischt mit lehmigeren Oberboden.

ex vero III Flasche/Etikett: Deckungsgleich mit dem Design der EX VERO-Linie klebt auch auf der Flasche des EX VERO III das bereits bekannte Etikett mit dem auf weissem Untergrund in einer Weltkugel verwurzelten Baum. Darunter wie bei den anderen EX VEROs wieder Werlitsch in angestaubter Kurrentschrift und in römischen Zahlen die III. Darunter noch der Jahrgang und fertig ist das einfache, dafür aber umso erdiger wirkende Stück Papier.

Wie schon bei den Etiketten auf den ersten beiden Flaschen wirkt auch dieses erst nach einer Weile richtig auf das Auge des Betrachters. Es strahlt Ruhe, Einfachheit und Erdigkeit aus. Es ist minimalistisch und trotzdem sehr aussagekräftig. Wie gehabt steht auch noch alles was man sonst noch wissen muss in kleiner Schrift ganz unten drauf. In grün wird darauf hingewiesen, dass der Wein aus dem Steirerland in Österreich kommt. In der Früh ist der EX VERO III in die Karaffe gewandert um sich dort auf seine letzte Reise vorzubereiten. Jetzt zu Mittag darf er in den grossen Burgundergläsern zeigen warum die Nummer III in Wirklichkeit die Nummer 1 im Stall ist.

Im Glas: Relativ klar und ziemlich goldgelb steht der EX VERO III im grossen Burgunderkelch und zieht in fetten Schlieren an der Wand hinunter. Schon optisch sieht der Wein recht kraftvoll in seiner Konsistenz aus.

In der Nase: Die Nase tief ins Glas gesteckt strömen einem Aromen von feinem, leicht würzigen Holz, trockenem Obst, sowie Holunder und Kamille das Riechorgan hoch. Das Kommando in diesem Regiment vielfältigster Aromen hat aber eindeutig eine ausgeprägte Mineralik. Man kann die Erde förmlich spüren die aus dem Glas heraus dampft. Es riecht ein wenig nussig, auch nach verwelktem Laub und auch ein wenig hefig. Insgesamt sehr warm und rund vom Gefühl her, sehr komplex und vielschichtig. Ein Duft dem man lange hinterher riecht und man seine Nase immer wieder gerne tief im Kelch versenkt. So viel gibt es zu erforschen, neu zu entdecken und zu fühlen. Trotz dieser Dichte wirkt aber alles fein und sehr lebendig frisch.

Im Mund: Geht´s noch weicher? Geht´s noch runder? Das sind die ersten zwei Fragen die man sich stellt wenn der EX VERO III in den Mund kommt. Butterweich, fast cremig gleitet er zwischen den Lippen auf die Zunge durch. Von der Vielschichtigkeit der Aromen ist man vorerst ein wenig überfordert weil so viel auf einmal auf die Geschmacksnerven nieder prasselt. Da ist einerseits eine feine Holzwürze und auch eine leichte Kräutrigkeit auszumachen und schon schiesst einem ein, dass es hier richtig saftig im Mund zugeht. Eine Säure die sich extra in Schale geworfen hat und sich absolut gentlemanlike präsentiert. Dicht ist es im Mund und man schmeckt etwas Hefe, sogar Kernobstaromen tummeln sich im Aromenkorb. Eine leichte Paprikanote blitzt kurz auf um sich sofort in einer verhalten salzigen Note an den Zungerändern aufzulösen.

Dieses Mundgefühl ist ob seiner Vielschichtigkeit und Komplexität schwer auf einmal zu erfassen. Der EX VERO III hat Dichte, Schmelz und ist kräftig. Gleichzeitig vibriert er leichtfüssig im Mund und tanzt fröhlich auf der Zunge auf und ab. Nichts von Schwere oder gar Übergewicht. Ich bin fürs Erste schlichtweg überwältigt von dem was da im Mund stattfindet. Es wirkt auch ölig was da aus dem Glas kommt, man meint sogar überreife saftige Frucht zu schmecken und nimmt erst im Abgang diese im Smoking eingekleidete kalkige Mineralik wahr. Sie hat sich in der Dichte ihren Platz gesucht und kommt äusserst weich und verhalten, aber trotzdem dominant zur Geltung. Erst ein halbes Glas getrunken und schon ganz ungeduldig auf das was da noch alles kommt.

Während ich hier den EX VERO III verkoste und ihn nebenher auch auf facebook/weinquellen kurz vorstelle, empfiehlt mir Carsten M. Stammen, Betreiber von vionolog.de sowie Redaktionsmanager und Verkoster bei weinplus.eu, den Wein bis zum noch vier Tage entfernten Wochenende weiter zu verkosten und mich überraschen zu lassen. Ich nehme mir den Tipp von so kompetenter Stelle zu Herzen und öffne die zweite Flasche um mich mit ihr auf eine echte Abenteuerreise zu begeben. Ein wenig gehemmt von der ‘Gier’, weil es doch die letzte ist die ich davon habe und getrieben von der Neugier, weil diese noch viel grösser ist, fülle ich den zweiten EX VERO III in die Karaffe und werde ihn nicht vor Freitag anrühren. Das ist Folter, aber da muss man als Abenteurer durch.

Endlich ist es Abend und das zweite Glas kommt an die Reihe. Im Duft hat sich der EX VERO III nach zehn Stunden sehr zurückgezogen und konzentriert sich jetzt auf eine leicht hefige und eine etwas kräftigere Nussnote. Von Frucht ist nichts mehr übrig. So sehr sich der Wein duftmässig reduziert hat, so sehr hat er sich im Geschmack weiter entwickelt. Er wirkt jetzt noch saftiger, noch cremiger und zieht richtig dickflüssig über die Lippen. Obwohl er noch weicher als mittags wirkt ist er jetzt lebendiger was die Säure angeht, weil sich diese um einen ganzen Deut animierender und agiler anfühlt. Geschmacklich hat er ebenfalls völlig gedreht und macht auf warme Kamille mit einem leicht buttrigen Touch. Auch Nuss ist dabei und der Boden kommt in diesem Aromenspiel noch stärker durch. Dicht steht der Wein im Mund, voll fühlt er sich an, fast gelartig, und trotzdem schwebt er förmlich über den Gaumen. Unheimlich lang ist er im Abgang geworden, ewig dauert sein Nachhall. Der EX VERO III lässt einen fliegen, ölt die Zunge förmlich ein und steigert die Erwartung für den nächsten Tag ins Unerträgliche. Morgen geht es weiter.

2. Verkostungstag

13 Uhr, nächster Tag. Der EX VERO III war jetzt 28 Stunden in der Karaffe und wird nun weiter verkostet. Vom Duft ist so gut wie nichts mehr übrig, bestenfalls in homöopathischer Dosis, fast schon ätherisch. Was man gerade noch vernimmt ist leise Mineralik mit einem feinen Schuss Nuss als Begleitung. Auf der Zunge wirkt er noch besser, noch eindringlicher, noch frischer und lebendiger als gestern. Es ist als würde der Wein um jenen Teil den er im Duft abnimmt um genau diesen geschmacklich zunehmen. Man kann jetzt sogar von einem attraktiven Säurespiel reden welches nun auf der Zunge stattfindet. Nach wie vor voll im Saft steht der EX VERO III, fühlt sich aber irgendwie feingewirkter an, transparenter ohne an Dichte verloren zu haben. Er wirkt unheimlich langatmig, lädt eimerweise in festen Körper eingebundene Mineralik auf der Zunge und am Gaumen ab und beeindruckt mit seinem äusserst milden und weichen Charakter. Es ist schlichtweg ein Erlebnis diesen Wein zu trinken, ihn vor allem im Mund zu fühlen.

Resümee: Es ist nicht ganz einfach diesen Wein mit einfachen Worten zu beschreiben, weil er sich so dermassen über das definiert was man spürt und nicht über das was man schmeckt. Es ist einfach über Marillen, Äpfel, Birnen und sonstwas zu schreiben, jeder weiss wie das schmeckt. Es ist aber ungleich schwerer zu vermitteln wie sich ein im Mund schwebender Wein anfühlt. Wie es sich anfühlt wenn Säure, Salz und Mineralik sich ein gemeinsames Stelldichein geben und die Zunge zwingen sich von üblichen ‘Geschmacksempfindungen’ loszulösen und nur auf ihr ‘Gefühl’ zu hören. Der EX VERO III ist ein Wein dem man zuhören muss, der einen quasi nötigt sich hinzusetzen und einmal für ein paar Stunden Ruhe zu geben um sich ausschliesslich mit zu befassen. Diesen Wein trinkt man nicht einfach so, obwohl man das vor langer Zeit sicher so gemacht hat. Nur damals kannte man Wein nicht anders, heute muss man sich dazu erst wieder öffnen und Einstudiertes aussen vor lassen. Man muss diesen Wein als temporären Begleiter für ein paar Stunden, noch besser für ein paar Tage betrachten und gewillt sein, auf gewisse Weise wieder ‘von vorne’ zu beginnen. Dann kann man sicher sein ein richtiges Abenteuer zu erleben und seinen Horizont um einen weiteren zu bereichern. Ich persönlich bin hin und weg von diesem Wein ‘aus der Vergangenheit’.

Tipp: In der grossen Karaffe nach zwei bis drei Stunden antrinken und dann am besten über ein, zwei Tage geniessen. Wer Geduld hat lässt ihn überhaupt zwei Tage offen und trinkt ihn dann über die nächsten Tage weg. Um die 14º sind ideal um ihn auch richtig zu ‘spüren’. Wein, der im Jetzt in die Vergangenheit entführt.

Einen Bericht über den Ex Vero III lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde eine Weissweincuvée EX VERO III 2006 von Brigitte und Ewald Tscheppes Werlitschhof in Leutschach in der Steiermark, Österreich. Der Werlitschhof ist Mitglied der Wertegemeinschaft Schmecke das Leben.

Tags: , , , ,

Kategorie: Schmecke das Leben, Verkostet

Keine Kommentare erlaubt