Edelgraben 2013 Weissburgunder
Die totale Horizonterweiterung
Ein Erlebnis, eine Naturgewalt und der perfekte Repräsentant dafür, wie Naturwein geht und schmecken kann. Was für ein Saft!
Winzer/Weingut: Claus Preisinger, Gols/Burgenland, Österreich.
Lage/Herkunft: Von Weingärten mit Sand-, Lehm- und Geröllböden.
Allgemeines: Naturwein, ein nicht enden wollendes Thema. Eines das äusserst kontrovers diskutiert wird, wo Welten aufeinander prallen und manche in ihrer Sicht der Dinge gar ins Religiöse abgleiten. Soweit will ich aber hier nicht gehen, sondern unter dem Motto Naturwein – Die Lust am Experiment ein paar aussergewöhnliche Naturweine vorstellen. Den Anfang dieser Reihe macht ein Weissburgunder mit dem Namen EDELGRABEN, was letztlich für ErDELuftGRAsundreBEN steht. Dafür verantwortlich zeichnet Claus Preisinger aus Gols, der schon beim grossen Hans Nittnaus als Kellermeister fungierte und heute selbst zu den Grossen in Österreich zählt. Sein Edelgraben 2013 wurde maisschevergoren, im klassischen Holzfass ausgebaut sowie unfiltriert und ungeschwefelt abgefüllt. In der “Szene” ist sein Edelgraben bereits bestens bekannt und auch geschätzt, ich selbst werde ihn heute zum ersten Mal verkosten und gönne ihm dafür eine Stunde in der Karaffe bevor er in den grossen Kelch darf.
Im Glas: Fast schon orange steht der Edelgraben leicht getrübt im grossen Becher.
In der Nase: Komplex ist das wohl treffendste Wort für das was aus diesem die Nasenflügel hochsteigt. Reife Birne, Orangenschalen, dunkelgelbe Tropenwürze, rauchige Mineralik und eine Scheibe reifer Apfel. Es fühlt sich ungemein dicht an in der Nase, saftig, cremig, weich und intensiv. Was für ein Duft, was für ein kompaktes Gefühl das sich hier einnistet und förmlich vor sich hin tropft. Und dann auch noch der Ingwer hinten raus. Ein Erlebnis.
Im Mund: WOW. Einfach WOW. Der Edelgraben schmeckt gelb, er ist weich und saftig und er kommt mit einer Textur auf die Zunge die unglaublich ist. Saftige Gerbstoffe rieseln fein über sie hinweg, man spürt den Wein wie er im Mund arbeitet, wie er sich präsentiert und wie exotisch eigentlich seine gesamte Aromatik ist. Zarte Zitrusnoten unterfüttern die reife Birne, ein gelber Rauch schwebt durch den Mundraum und am Gaumen legt sich ein ebensolcher feiner Nebel ab. Man spürt die Substanz des Tropfens auf jedem Millimeter, man fühlt seine Dichte, spürt wie kompakt und doch fein er ist und wie intensiv sich diese dunkelgelben Aromen ihren Platz im Mund ausbreiten. Das ist traumhaft, das ist beeindruckend, das ist einfach gut.
Ich habe keine Ahnung wo diese Reise hingeht, doch wird der Edelgraben minütlich anspruchsvoller wenn er mit Luft in Berührung kommt. Er wird herb, bleibt dabei saftig, er schmeckt nach Apfel, Birne und Orange und hinten raus macht sich diese subtile wie auch ausgeprägte Tropenaromatik wichtig. Man pendelt permanent zwischen gelb und weiss in der Empfindung hin und her, gelb im Geschmack, weiss im Gefühl und dann auch wieder ungekehrt. Man glaubt man trinkt Rotwein, doch ist er weiss, nur orange in der Farbe und dann auch noch “natur”. Herz was willst Du mehr? Im Abgang plötzlich freche Limettenstücke die sich mit einem Buschen frischer Kräuter zu einem hippen Duo zusammengetan haben. Der Nachhall fein zitronig und leicht rauchig. Einfach wunderbar.
Was mich persönlich am meisten fasziniert, ist dieser Grip den der Edelgraben aufbaut. Er füllt den Mundraum aus und haftet sich dort fest ohne jemals wieder zu verschwinden. Dabei ist er fein, leicht, angenehm im Mundgefühl, dicht und druckvoll. Man spürt den Wein minutenlang “nacharbeiten”, fast endlos in seiner intensiven Aromatik, ohne dabei zu überfordern. Alles getragen, ja dominiert, von dieser gelben Aromendichte die für so viel mächtigen Charakter sorgt, der sich in einem cremig-weichen wie auch saftig-herbem Mundgefühl offenbart.
Resümee: Wer gerne Weissburgunder trinkt, der MUSS den Edelgraben kosten. Um seinen Horizont zu erweitern, um in eine neue Dimension einzutreten und mit ihm auf eine ganz aussergewöhnliche Reise zu gehen. Der Edelgraben ist ein Erlebnis, eine Naturgewalt und der perfekte Repräsentant dafür, wie Naturwein geht und schmecken kann. Was für ein Saft! Alle Daumen hoch!
Tipp: Eine Stunde in der Karaffe sollte er bekommen. Danach mit 12-14º geniessen. Keinesfalls zu kalt und jedenfalls aus dem grossen Kelch. Passt sicher gut zu weissem Fleisch an hellen Saucen, zur feinen Gemüseküche oder auch zur Forelle blau. Als Solist der absolute Meditationswein. Da kann die Yogastunde locker ausgelassen werden.
Einen Bericht über den Edelgraben lesen Sie auch hier.
Verkostet wurde ein Weissburgunder Edelgraben 2013 von Claus Preisinger aus Gols im Burgenland. Bezugsquelle: K&U Weinhalle, Nürnberg.
Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet