Clos de l’Orri blanc 2002 VdP Catalanes

| 31. Januar 2014 ...alles

Charakter & Persönlichkeit im Schieferkleid.

Ein Wein der kein ‘vielleicht’ zulässt. Entweder man mag diese Form von spröder Mineralik oder man lehnt sie kategorisch ab.

Winzer/Weingut: Domaine de l’Orri, Roussillon, Frankreich.

Lage/Herkunft: Aus biodynamischem Anbau auf Schieferböden von teilweise über 120 Jahre alten Rebstöcken.

Clos de l´Orri 2002 Flasche/Etikett: Blassweissgelblich ist das hohe Etikett das auf der Flasche klebt. Spartanisch sieht es aus mit seinem kleinen, ziemlich allein gelassenen gelben Etwas, das oben eingedruckt ist. Ein Haus? Eine Hütte? Ein Fels? Keine Ahnung. Schwer zu identifizieren. Unterhalb dafür umso grösser Domaine de l’Orri in sattem schwarz. Danach gerade mal das Wichtigste um überhaupt zu wissen woher der Wein kommt und immerhin, dass er von Gérard Gauby vinifiziert wurde. Anschrift, Jahrgang in der Mitte und vol% im rechten Eck beenden das aufs Miniumum reduzierte Design. Was in der Flasche drin ist muss man wissen, denn Information darüber gibt es keine.

Auf ein Rückenetikett wird verzichtet und so steht man ziemlich allein gelassen da mit diesem Vin de Pays des Côtes Catalanes. So einer ist er nämlich, der Clos de l’Orri blanc 2002. Bevor der Macabeo aus dem Süden in die Gläser kommt darf er für eine halbe Stunde in der Karaffe seine Runden drehen.

Im Glas: In ausgebleichtem Gelb, wie das letzte Stroh des Sommers, steht der Clos de l’Orri im Glas. Albinogelb beschreibt die Farbe wohl am besten.

In der Nase: Ein richtig pikanter Duft hüpft einem in die Nase, frisch und frech. Keine Spur von 11 Jahren in der Flasche. Grünes Heu, blühende Wiese, weisse Blüten und eine salzige Minerlik ergeben einen aussergewöhnlichen Duft, der so fremd wie eigenartig ist. Paprika, Lauch und nasses Gestein lassen den Macabeo förmlich vibrieren in der Nase. Mit etwas mehr Luft wird er immer steiniger, immer klarer und zieht dabei die grünen Aromen ein wenig zurück, ohne sie aber völlig auszublenden. Man muss sich ‘einriechen’ auf diesen Wein, weil es wirklich ungewöhnlich ist was da aus dem Glas dampft. Und man muss es wollen, weil es garantiert nicht jedermanns Sache ist.

Im Mund: Ausgesprochen mild, fast schon cremig zieht der Clos de l’Orri über die Lippen auf die Zunge. Er ist butterweich, wirkt aber angenehm frisch. Was man schmeckt ist etwas grüne Wiese, etwas Lauch, etwas weisse Blüten und jede Menge Steine. Ungewöhnlich auch das Mundgefühl. So mild und weich der Wein auf der Zunge steht, so salzig und belebend fliesst er an den Zungenrändern ab. Es schmeckt definitv grün, blassgrün. Und es fühlt sich weiss am Gaumen an. Rassige Mineralik in Form von Steinsplittern, leicht herb und trocken wie eine Küchenrolle. Hat man den Clos de l’Orri erst einmal begriffen, dann kommt man hinter die grüne Kräutrigkeit die in ihm lebt und sich in Kombination mit der Mineralik zu einem lebendigen und frischen Tropfen verbindet.

Eines steht fest; der Clos de l’Orri verwirrt. Einerseits würde man nicht tippen, dass der Wein 11 Jahre alt ist, andererseits schmeckt er so anders und fühlt sich ebenso ungewöhnlich an im Mund, dass man eine Weile braucht um diese Eindrücke in geordnete Bahnen zu lenken. Die braucht es nämlich um den Tropfen vollständig zu erfassen. Je mehr Luft er aufnimmt umso klarer wird er in seiner Mineralität, umso feiner und ausgeprägter wird diese. Und umso salziger wird es auf der Zunge. Was auf ihr bleibt ist ein letzter feiner grüner Stich, bevor der Wein sich über den Gaumen in einem ebenso steinigen wie nebligen Schleier dem Schlund entgegen bewegt. Im Abgang nur mehr pure Mineralik, im Nachhall ebenso. Und ganz am Ende nimmt man einen letzten Rest von grünen Kräutern wahr. Es ist ein ungewöhnliches Geschmackserlebnis. All das findet in einem milden, weichen Körper statt, man ist geneigt die Salzigkeit als Säure wahrzunehmen, was sie aber nicht ist. Eher ist es so, dass die knackige Säure in der gelben und weissen Aromatik integriert ist und für ungemein präsente Frische sorgt.

Resümee: Clos de l’Orri, wieder so ein Wein bei dem es keine Grauzone gibt. Entweder man mag diese Form von Wein oder man lehnt sie kategorisch ab. Nach neunzig Minunten herrscht nur mehr Schotter vor, Mineralik bis zum Anschlag, jegliche Frucht Fehlanzeige, bestenfalls ein wenig weisses Blütenaroma. Und jetzt eine noble Herbheit am Gaumen und auch im Abgang wie im Nachhall. Der Clos de l’Orri hat seine endgültige Reiseflughöhe erreicht. Jetzt fliegt man First Class und wird begleitet von einer herben blonden Schönheit. Der Clos de l’Orri hat sich endgültig einen Platz in meinem Weinherz erobert und fasziniert mit seiner ungeschminkten und direkten Charakteristik. Weingenuss für Entdecker, für Willige und Wissbegierige. Um 20 Euro ist man dabei. Und ich lecke mir jetzt mal das Salz von den Lippen.

Tipp: Eine Stunde ist ideal und dann erleben Sie ihn am besten bei ca. 12º. Wird mit Luft immer mineralischer und ist der perfekte Partner für gehobene Gemüseküche, Kräutergerichte und zu Salzwasserfischen aller Art. Als Solist ein Wein der Aufmerksamkeit verlangt und einem diese mit Charakter und Persönlichkeit dankt.

Einen Bericht über den Clos de l’Orri blanc lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Clos de l’Orri blanc VdP Catalanes 2002 von der Domaine Clos de l’Orri aus dem Roussillon im Süden Frankreich. Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle zur Verfügung gestellt.

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Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet

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