Clef de Sol blanc 2014

| 20. Oktober 2016 ...alles

Sympathischer Exzentriker

Der Wein verzückt die Sinne, fordert einen, spielt mit einem. Er ist sich seines leicht exzentrischen Charakters voll bewusst und scheint es zu geniessen.

Winzer/Weingut: La Grange Tiphaine, Amboise/Loire, Frankreich.

Lage/Herkunft: Von 80 Jahre alten Reben auf Sandböden mit Feuerstein. Aus der Appellation Montlouis.

clef-de-sol Allgemeines:Mysterium Chenin Blanc heisst das Motto dieser Verkostungsrunde. Mysterium auch deshalb, weil diese Rebsorte in unseren Breiten noch immer nicht wirklich angekommen zu sein scheint, sie misstrauisch beäugt, von Kennern aber durchaus geliebt wird. Einen dieser Chenin Blancs habe ich heute hier am Tisch der Wahrheit stehen; den Clef de Sol von Coralie und Damien Delecheneau von der Domaine La Grange Tiphaine in Amboise an der Loire. Ich kenne einige ihrer Weine und würde den Rest blind erstehen, weil ich weiss wie die beiden arbeiten und welch Qualitäten sie erzeugen. Der Clef de Sol stammt aus der Appellation Montlouis von kargen Sandböden mit reichlilch Feuerstein darin. 80 Jahre sind die Reben alt, in gebrauchten Barriques wurde der Wein ausgebaut und ohne Filtration schliesslich abgefüllt. Eine halbe Stunde darf der gute Tropfen in der Karaffe seine Runden drehen, dann geht es ab mit ihm ins grosse Glas.

Im Glas: Goldgelb leuchtet der Clef de Sol aus dem Becher raus.

In der Nase: Was einem augenblicklich in die Nase hüpft sobald man diese in das Glas steckt, ist nackter, kalter Feuerstein. Salzig ist es, frische Wiesenkräuter sind dabei und eine leichte Note von weissen Blütenblättern. Man riecht diese unbändige Frische und merkt, wie langsam Speichelfluss einsetzt ob dieser Knackigkeit die sich im Riechorgan zu schaffen macht. Das ist rassig, das ist rasant und am Ende wird es letztlich etwas gelb.

Im Mund: So frisch und fast kristallklar wie der Clef de Sol in der Nase war, so gegenteilig wälzt er sich über die Zunge. Da steht ein Wein im Mund der dicht ist, der kompakt in seiner gelben Würze auftritt und der Volumen wagt, dabei jedoch sehr fein in der Empfindung bleibt. Trocken wie ein Handtuch ist der gute Tropfen, dazu saftig wie reifes Fallobst und gelb würzig. Eine wunderbare Aromatik die sich da im Mundraum austobt, die unheimlich dicht und doch so elegant und fein ist. Frucht hat keinen Zutritt, dafür traben weisse und gelbe Blüten über den Gaumen und hinterlassen einen angenehmen Film auf ihm. Im Abgang zeigt er wieder diese wunderbare gelbe Würze, viel Saft und hinterlässt ein Mundgefühl an das man sich gewöhnen mag.

Der Clef de Sol schafft etwas, das im Grunde genommen der totale Widerspruch ist. Er ist voluminös, ungemein dicht gepackt und trotz allem fühlt er sich in seiner Fülle leicht und schlank im Mund an. Er schafft es trotz seiner Kompaktheit Rasanz aufzubauen, sich trotz Gewicht leichtfüssig auf der Zunge zu bewegen. Auf ihr ist er fast schwerelos, am Gaumen jedoch macht er Druck. Er wird immer trockener und weissblütiger im Mund, gleichzeitig aber auch immer gelber in der Würze. Dieser Wein ist tatsächlich ein Mysterium, man kommt sich wie ein Multitasking-Profi vor, so schnell und vor allem so harmonisch agiert der Wein im Mund und lässt einen alles auf einmal schmecken und auch spüren. Was für ein grandioses Weinerlebnis!

Nach einer Stunde in der Karaffe zeigt sich der Clef de Sol von seiner schönsten Seite, weil er nämlich beginnt Haftung an den Lippen und am Gaumen aufzubauen. Die gelbe Würze wird jetzt richtig sexy, die Fülle immer feiner (man muss das spüren um es greifen zu können), es wird herber weil die Blütentöne immer stärker werden, es wird immer trockener und sogar etwas erdig.

Resümee: Der Clef de Sol verzückt die Sinne, fordert einen, spielt mit einem. Er ist sich seines leicht exzentrischen Charakters voll bewusst und scheint es zu geniessen, dass man aus dem Staunen nicht mehr rauskommt. Ich staune auch und doch überrascht es mich nicht, weil ich einige der Weine von La Grange Tiphaine schon kenne und weiss, was dort so produziert wird. Der Clef de Sol reiht sich da nahtlos ein und sollte es auch schaffen, sich in ihr Weinherz einzuschleichen. Verdient hätte er es.

Tipp: Ein Stunde Karaffe ist fein. Mit 10-12º geniessen. Zu weissem Fleisch mit leichten Saucen, zu Fisch, oder einfach als Solist genossen macht der Tropfen grösste Freude.

Einen Bericht über den Clef de Sol blanc lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Clef de Sol blanc 2014 von La Grange Tiphaine aus Amboise/Loire, Frankreich. Bezugsquelle: K&U Weinhalle, Nürnberg.

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Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet

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