Chablis ‘Bougros’ 2012 Grand Cru

| 23. Mai 2015 ...alles

Chablis für Leckermäuler.

Lang, intensiv und kreidig. Wer auf echte Kracher steht, der sollte sich mit diesem Tropfen einmal ausführlich unterhalten.

Winzer/Weingut: Patrick Piuze, Chablis, Frankreich.

Lage/Herkunft: Aus zugekauften Trauben von 19 verschiedenen Lagen rund um Chablis.

Chablis Grand Cru Flasche/Etikett: Unverändert, korrekt gesagt deckungsgleich ist das weisse Etikett das auf der braunen Burgunderflasche klebt. In gedecktem weiss, ohne irgendwelche Schnörkel, vollkommen unaufgeregt und deshalb umso eleganter. Treffender kann man das Stück Weinbeklebung nicht beschreiben. Am oberen Rand der Jahrgang, unten drunter in einer grösseren Outline-Typo CHABLIS GRAND CRU und unterhalb BOUGROS. Alles in Kapitalen, die Herkunft (ohne die geht nichts in Frankreich) völlig in den Vordergrund gestellt. Den unteren Rand füllen alle wesentlichen Information die noch nötig sind aus. Patrick Piuze in der Mitte und mehr gibt es über diesen Wein auch nicht zu sagen. Verschlossen ist auch diese Flasche mit einem cremefarbigen Siegellack und somit absolut luftdicht gemacht. Rückenetikett gibt es keines, alles was man wissen muss steht vorne drauf. Aus Erfahrung weiss ich, dass der Wein eine gute Portion Luft braucht und deshalb darf der Bougros bevor er in das grosse Burgunderglas kommt, für eine Stunde in der Karaffe ein paar ausgedehnte Runden drehen.

Im Glas: Helles strohgelb steht im Burgunderglas und zeigt feine grüne Reflexe.

In der Nase: Die Nase steigen Aromen von grünen und gelben Äpfeln hoch. Dahinter erkennt man eine äusserst feine Zitrusnote. Verglichen mit dem Bougros aus 2011 ist der Duft des 2012 etwas kräutriger, frischer, agiler, in seiner Intensität aber verhaltener und leiser. Was stark hervorkommt ist eine deutlich kreidige Note in der Nase. Insgesamt wirkt das Bukett sehr klar und fein. Erst mit der Zeit kommen leise Briochenoten hervor. Es scheint als würde der Bougros 2012 erheblich mehr Luft benötigen um sich in seiner ganzen Pracht zu präsentieren.

Im Mund: Mineralik pur ist das was hier sowohl weich und mild, aber gleichzeitig enorm rassig auf die Zunge strömt. Cremig zieht der Bougros über die Lippen, führt eine ganze Armee an grünen und gelben Zitrustönen mit sich und endet weich, jedoch mit straffer Säure auf der Zungenmitte. Kaum dort angelangt bemerkt man wie sich der Speichelfluss in Gang setzt und die Zunge in leichte Zuckungen versetzt. Man fühlt eine gewisse Opulenz im Mund weil der Bougros so butterweich ist, und doch packt er auch richtig zu mit seiner fast kristallinen Mineralik. Zitronenfleisch und Salz geben sich ein frisches wie auch freches Stelldichein, verleihen dem Wein eine kecke Unbekümmertheit. Der Gaumen bekommt die ganze Kreide ab und kaum ist diese abgefallen, spürt man einen cremig-weichen Film der endlos lange darauf haften bleibt.

Wie erwartet wird der Bougros mit der Zeit ein wenig teigiger in der Nase. Auch im Mund legt er zu, wirkt auf der Zunge saftiger, kraftvoller und auch klarer in seinen Konturen. Im Gegensatz zu 2011 scheint 2012 säurebetonter zu sein, es ist den Tick rassiger im Mund, straffer und geradliniger. Man spürt zwar eine feine Opulenz, doch ist hier keine Rede mehr von Speckfältchen. Die fehlen dem Bougros 2012 komplett. Dafür ist er erheblich kreidiger am Gaumen wie auch auf der Zunge, beschäftigt einen mehr mit Rasse und mit Frische als mit Brioche und Teig. Sogar die Nuss die 2011 noch ihren Soloauftritt hatte, darf hier nur als vierter Backgroundsänger wirken. 2012 ist definitv karger, präziser und frischer. Welche der beiden Charakteristiken man mehr mag ist reine Geschmackssache. Interessant ist jedenfalls der Vergleich der beiden, weil sie so gänzlich anders sind. Was jedoch das selbe wohlige Erlebnis geblieben ist, das ist der Abgang, der erst einen wunderbar weichen, fast schon molligen Film am Gaumen zurück lässt und dann für einen langen, intensiven Nachhall sorgt.

Resümee: Vier Stunden sind vergangen und erst jetzt beginnt der Bougros sich in seiner gesamten Pracht zu zeigen. Er wird fleischig, dicht und füllig. Jetzt ist er fast auf “Reiseflughöhe” angelangt, man hat aber das Gefühl, dass da noch ein paar Meter mehr an Steigflug locker drin sind. Auf der Zunge plötzlich wieder die üblichen Verdächtigen aus der Bäckerei, diesmal nur noch mehr in einem Mäntelchen von weissem Kalk versteckt. Am Gaumen trocken wie der Staub von einer Tonne Kreide, versetzt mit ein paar Topfen reifer Birne. Von Zitrusnoten nichts mehr zu bemerken, das Salz hat sich komplett verflüchtigt. Jetzt ist er da, jetzt singt er, der Bougros. Jetzt ist er wieder der Chablis, den Reinzuchthefetrinker niemals nicht erleben werden. Jetzt habe ich ihn wieder, meinen Chablis wie ich ihn liebe. Der zweiten Hälfte meiner Flasche gebe ich jetzt noch ein paar Stunden, um mich dann darin zu suhlen. Der Bougros ist ein Grand Cru für Leckermäuler (wie mich) und wer auf echte Kracher steht, der sollte sich mit diesem Tropfen einmal ausführlich unterhalten.

Tipp: Minimum zwei Stunden in die Karaffe damit. Nach vier bis fünf geht er richtig auf. 12-14º sind ideal. Zu kalt geht gar nicht. Fisch, Meeresfrüchte, Muscheln, das sind seine Lieblinge. Zur Solounterhaltung erst ab der sechsten Stunde Sauerstoffaufnahme ein echter Magier der zeigt was Zauberkunst ist.

Einen Bericht über den Chablis Bougros lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Chablis Grand Cru ‘Bougros’ 2012 von Patrick Piuze aus Chablis, Frankreich. Bezugsquelle: K&U Weinhalle, Nürnberg.

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Kategorie: K&U Weinhalle, Verkostet

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