333 Grüner Veltliner 2011

| 4. März 2016 ...alles

Weicher Schmelz in einem Berg voll Erde

Ein Charakterkopf der sich ständig wandelt, der neckt, der fordert und letztlich keine Kompromisse macht. Grüner Veltliner für Abenteurer.

Winzer/Weingut: Weingut Türk, Stratzing, Kremstal, Österreich.

Lage/Herkunft: Aus den besten Trauben der drei Toplagen Kremser Sandgrube, Kremser Frechau und Kremser Thurnerberg.

GV 333 2011 Allgemeines: Heute wird einmal so richtig mit Zahlen geprotzt. Erstens, der Name des Weines der jetzt am Tisch der Wahrheit steht heisst schlicht und einfach 333. Er ist aus 2011, das Alter der Rebstöcke ist 38 Jahre. Von diesem Wein gibt es genau 1380 Flaschen und jede einzelne davon ist mit einem Sicherheitsmerkmal versehen und von Franz Türk persönlich von Hand nummeriert. Der Wein? Ein Grüner Veltliner. Aus den besten Trauben der drei Toplagen Kremser Sandgrube, Kremser Frechau und Kremser Thurnerberg. 3 Lagen, 3 Böden, 3 Kleinklimata – fertig ist die Zahl 333. Auch angelehnt an den Walzer Opus 333 von Johann Strauss Sohn „Wein, Weib und Gesang“. Zehn Jahre hat Franz Türk in die Entwicklung dieses Veltliners gesteckt und ich habe jetzt das Vergnügen die Flasche mit der Nummer 1112 aufzumachen und den Inhalt seiner Bestimmung zuzuführen. Bevor es aber soweit ist, folge ich der Empfehlung des “Erfinders” und lasse ihn für eine Stunde in der Karaffe stehen damit er etwas Sauertsoff aufnehmen kann.

Im Glas: Goldgelb dümpelt der GV 333 im grossen Glas vor sich hin.

In der Nase: Dichte Aromen von Milchschokolade und hellem Tabak strömen die Nasenflügel hoch. Frischer Apfel, etwas Birne und zarte Hefe-Briochenoten komplettieren den Duftkorb. Es fühlt sich leicht üppig in der Nase an, etwas feine Kräutrigkeit lockert alles auf. Ganz hinten schwebt eine Karamellwolke vorbei und bringt noch einmal einen Tick mehr Volumen in die Szenerie rein. Komplexer Duft mit Dichte und Kraft. Geht an der Luft erst richtig auf und wird langsam mineralischer und schlanker.

Im Mund: Schön schräg. Aber schräg schön. Wie eine kubanisch-schweizerische Party. Heller Tabak aus der Karibik, Milchschokolade aus dem Land der Eidgenossen. Das schmeckt man im ersten Moment wenn der GV 333 in den Mund kommt. Danach eine ausgeprägte schwarze Pfefferwürze. Und dann das Mundgefühl. Rund, weich, cremig, nicht zu füllig und leicht extraktsüss. Trotz allem kommt eine deutliche mineralische Note durch, man schmeckt Erde und auch ein paar geraspelte Mandeln machen sich bemerkbar. Neckt kurz süss und zeigt sich danach herb am Gaumen. Tabak, Mandeln, Erde, eingelullt von dichtem Extrakt. Schräg, schön schräg. Sogar die gut verpackte Säure schafft es, sich nach und nach durch den dichten Saft zu wühlen und kurz aufzublitzen. Dabei hat man das Gefühl als würde man einen Spritzer Zitrone schmecken. Am Ende aber bleibt ein würzig herber Film zurück der lange anhält.

Gebt dem GV 333 Luft. Viel Luft. Dann schmeisst der Kerl mit einer Pfefferwürze um sich, von welcher manches fette Steak nur träumt. Die anfängliche Extraktsüsse ist gewichen, die knappen 4 Gramm Restzucker nicht mehr fühlbar. Man kaut jetzt Tabakblätter und auch die Schokolade hat der Kubaner rausgeworfen. Knallharte erdig-lehmige Mineralik, trocken wie ein Kamelfell und kraftvoll wie ein Ochse. Die Zunge leckt sich permanent den herben Film ab, der Gaumen bereits eingelullt von der pikanten Würze. Auch der Abgang ist mittlerweile ein saftig-herber, der Nachhall mächtig lang, nicht endend. Was bleibt ist herbe Herbheit, trockene Erde, in Zigarrenblätter eingehülltes Steinobst. Wie war das mit schräg? Ach ja, schön schräg. Oder schräg schon. Wie auch immer. Der GV 333 ist ein Monument. In welchem Sinn auch immer, aber monumental isser. So oder so.

GV 333 Drei Stunden später kommt plötzlich wieder ein Tick von Süsse zurück und das Karamellbonbon hat sich aus seiner Hülle geschält. Am Gaumen feiner Rauch, heller Tabak, auf der Zunge Apfel, Karamell und schwarzer Pfeffer. Walnuss schaut vorbei und sorgt für diese typisch herbe Charakteristik. Hinten raus dann etwas frische Zitrone, jedoch umweht von einem Berg voll Erde. Ein Charakterkopf ist er, der GV 333. Einer der sich ständig wandelt, der neckt, der fordert letztlich aber keine Kompromisse macht. Man fragt sich unweigerlich wie es möglich ist in Süsse Herbheit rein zu bekommen, bzw. etwas Herbes in dezenter Süsse unterzubringen. Es geht, wenn man den Geschmack von der Haptik trennt und beide Elemente für sich allein auftreten lässt. Genau das macht und schafft der GV 333. Und genau das macht ihn so animierend, fast schon animalisch.

Resümee: In gewisser Weise ist der GV 333 ein Tier und so wie er sich heute zeigt, bleibt nur die Frage offen, wann es wohl am besten ist die andere Flasche mit der Nummer 1069 aufzumachen. 2019, 2022, keine Ahnung. Potential hat der GV 333 für viele Jahre. Ich werde meine zweite Flasche jetzt vergraben und zu meinem nächsten “Runden” aus dem Keller holen.

Tipp: Unbedingt karaffieren. Zwei bis drei Stunden sind fein. Mit 10-12º aus dem grossen Glas geniessen. Zu Trüffelgerichten, hellem Fleisch oder Geflügel mit cremigen Saucen, aber auch zu gegrilltem Lamm- oder Rindfleisch. Als Solist ein Wein für Abenteurer.

Einen Bericht über den GV 333 lesen Sie auch hier.

Verkostet wurde ein Grüner Veltliner 333 aus 2011 vom Weingut Türk aus Stratzing im Kremstal, Niederösterreich.

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Kategorie: Türk, Verkostet

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